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1. Januar 2015
Redaktion

Anforderungen an den Untergrund

Wärmedämm-Verbundsysteme stellen ­einen wichtigen Beitrag zum ­Erreichen der energieeffizienten Maßnahmen dar. Mit der Energieeinsparverordnung wurden ­ehrgeizige Ziele vorgegeben, die im Gebäude­bestand durch den Einsatz von Isolationen zu erreichen sind.


Foto: Baumit

Es ist eine Binsenweisheit, aber es ist wahr: Die Ressourcen an fossilen Brennstoffen sind begrenzt. Durch die ­Katastrophe im japanischen Fukushima sind die Themen »­Energie-Erzeugung« und »Energiebedarf« verstärkt in poli­tische Diskussionen sowie in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Fachleute und Laien sind sich einig, dass Mittel und Wege nötig sind, mit denen der CO2-Ausstoß ­reduziert ­werden kann. ­Eine ressourcenschonende und nachhaltige Maßnahme zur Energieeinsparung kann der Einsatz von Wärmedämm­-Verbundsystemen sein.

Heute höhere Dämmstoffdicken
WDV-Systeme finden ihren Einsatz im größeren Umfang bereits seit der ersten Wärmeschutzverordnung in den 1970er-Jahren. Damals wurden noch Dämmplatten mit Stärken von vier bis sechs Zentimetern aufgetragen, was sich bis heute schrittweise – auch unter Einhaltung der seinerzeit gültigen Vorgaben – zu höheren Dämmstoffdicken hin entwickelt hat. Der Weg über die EnEV soll zukünftig zu Gebäuden führen, die einen Passivhausstandard besitzen und autark sind, also ohne ­Energiezugabe von außen beheizt ­werden können.
Wenn gewünscht wird, eine bestehende ­Dämmung mit ungünstigen Werten energetisch nachzurüsten, dann kann eine zusätzliche Dämmung – ­eine Aufdoppelung – auf ein bestehendes WDV-System vorgenommen ­werden. Es wird eine »wärmende« Schicht über die ­bestehende Dämmung gelegt. Da die vorhandenen Dämmplatten nicht entfernt werden müssen, ent­stehen keine ­Entsorgungskosten.

Altsystem muss standsicher sein
Geregelt werden diese Ausführungen mit eigenen bauaufsichtlichen ­Zulassungen. Das Anwendungsgebiet ­erstreckt sich dabei auf Altsysteme aus Mineralwolle- oder EPS-Platten. Ein Einsatz ist auch auf Untergründen aus Holzwolle-Leichtbauplatten (HWL-­Platten) möglich. HWL-Platten, die aus Holzfasern mit mineralischen Binde­mitteln gefertigt werden, sind oft als verlorene Betonschalungen verwendet worden, das heißt sie verblieben als Oberfläche auf dem fertigen Betonbauteil. Mehrfache Aufdoppelungen und Aufdoppelungen auf Schienensystemen sind nicht zulässig.
Ein wichtiger Grundsatz: eine Ausführung kann nur erfolgen, wenn das Altsystem genügend Standsicherheit besitzt. Festgestellt wird dieses über ­Referenzöffnungen. Hiermit wird ­geprüft, ob das bestehende System den Anforderungen vergleichbarer zuge­lassener WDVS entspricht.

Eine Überprüfung sollte dabei folgende Punkte beinhalten:
• Wie ist der Klebeverbund zum Untergrund?
• Liegt der Klebeanteil der Dämmstoffplatten auf den Untergrund bei mindes­tens 40 Prozent?
• Bei sichtbarer Punkt-Wulst-Ver­klebung, muss geprüft werden, wie die Lage und Ausführung der Randwulst ist.
• Wurde das Altsystem verdübelt, muss geprüft werden, wie gut der Sitz des Dübels im Untergrund ist.

Überprüfung von Sachkundigem
Die Anzahl der Öffnungen richtet sich nach der ersten Beurteilung des ­Systems. Zeigen sich keine Schadens­bilder oder Rissabzeichnungen an der Oberfläche, kann eine genügende Tragfähigkeit angenommen werden. Zeigt die erste Probeöffnung, die eine Fläche von zirka einem halben Quadratmeter betragen sollte, das gewünschte Ergebnis, kann die Anzahl der Öffnungen ­reduziert werden (zum Beispiel auf drei Öffnungen bei einem Objekt mittlerer Größe).
Die Überprüfung und Beurteilung ist von einem Sachkundigen auszuführen, beispielsweise dem Hand­werker vor Ort. Das setzt entsprechende Kenntnis und Erfahrungswerte voraus, um die nötige Anzahl der Öffnungen bestimmen zu können. Das vorgefun­dene Bild der Altverklebung muss dem heute üblichen Standard entsprechen.
Eine reine Punktverklebung ist nicht ausreichend, diese Ergebnisse bringen als Forderung den Rückbau und eine Neuerstellung des WDVS mit sich.

Klassifizierung für den Brandschutz
Bei dem Gesamtsystem ist eine Kombination von EPS-Platten, Mineralwolle-Platten und Mineralwolle-Lamellen zulässig. Die zulässige Gesamtdicke richtet sich nach dem Dämmstoff. Kommt im Alt- oder Neusystem ­Mineralwolle zum Einsatz, darf die Dämmstoffdicke vom Gesamtsystem 200 Millimeter nicht überschreiten. ­Besteht das Alt- und Neusystem aus ­einem EPS-System, sind Dämmstoffdicken bis 400 Millimeter zulässig (siehe ­Tabelle 1).
Die Klassifizierung für den Brandschutz ist ebenfalls über die Dämmstoffart ­gegeben. Altsysteme aus EPS werden als »normal entflammbar« eingestuft, ­sofern kein Nachweis (zum Beispiel über ­Zulassungen) über eine Schwerentflammbarkeit vorliegt. Liegt kein Nachweis über eine Nichtbrennbarkeit vor, sind Altsysteme aus Mineralwolle als »schwer entflammbar« einzustufen. Anbetonierte HWL-Platten mit einer Dicke von 25 mm bis 100 mm gelten als »schwer entflammbar«, sofern ein Nachweis darüber vorhanden ist. Die Ein­teilung des Gesamtsystems ist in erster Linie von der Klassifizierung des Alt­systems abhängig (dazu Tabelle auf
S. 23)

Wichtige Maßnahmen
Die Schwerentflammbarkeit des ­Gesamtsystems mit der Komponente EPS-Platten ist nachgewiesen, wenn bei einer Gesamtdicke über 100 Millimeter bis 300 Millimeter zusätzliche Maß­nahmen getroffen werden (Systeme über 300 Millimeter mit EPS-Platten sind als »normal entflammbar« einzustufen). Die zusätzliche Maßnahme ­entspricht der Ausführung vom konventionellen Brandsturz oder -riegel.
Wichtig ist, dass der Riegel oder Sturz bis zum tragenden Mauerwerk durch­geführt ist, das heißt das Altsystem muss in diesem Bereich entfernt und durch nichtbrennbare Mineralwolle ­ersetzt werden.
Wird ein nichtbrennbares WDVS auf HWL-Platten als Altuntergrund gefordert, muss eine vollflächige, mindestens 20 Millimeter dicke Schicht aus minera­lischem Putz auf der Oberfläche der HWL-Platten bauseits vorhanden oder erstellt werden. Der Gehalt an organischen Bestandteilen in der Putzlage darf dabei fünf Prozent der Trockenmasse nicht überschreiten. Eine Ausführung von Brandsturz oder -riegel durch die HWL-Platte ist dabei zusätzlich notwendig.

Augenmerk auf den Fensterbereichen
Beim Sockelprofil erfolgt ein Austausch des Profils in der Dicke des Gesamt­systems. Empfehlenswert ist dabei, die alte Dämmung um mindestens eine ­halbe Plattenhöhe zu entfernen, was gleichzeitig eine versetzte Lage zum Altsystem führt. Die Verklebung der neuen Platten soll versetzt zur alten Anordnung ausgeführt werden. Eine Verklebung von mindestens 40 Prozent Untergrundanhaftung muss dabei eingehalten werden. Empfehlenswert ist eine vollflächige Verklebung, was durch die vorgegebene Ebenheit der Oberfläche vom Altsystem gut durchführbar ist.
Besonderes Augenmerk muss auf die Fensterbereiche gelegt werden. Alte ­Systeme sind oft ohne eine Dämmung der Fensterleibung ausgeführt worden, was die Gefahr einer größeren Wärmebrücke und dadurch Feuchte- oder Schimmelproblematik mit sich bringt. Das Einbauen einer ausreichenden Dämmdicke in dieser Zone ist möglich mit dem Abschlagen der Putzlage in der Leibung. Gleichzeitig ist damit eine Überprüfung möglich, ob Hohllagen zwischen Fensterrahmen und Mauerwerk vorhanden sind. Ein Tauwasser­ausfall ist bei Hohllagen in diesen ­Zonen nicht auszuschließen.

Gewicht der Putzsysteme beachten
Eine Verdübelung der Dämmplatten hat immer zu erfolgen und wird durch beide Systeme hindurch bis zum tragenden Untergrund ausgeführt. Für die Ermittlung der Dübellänge sind alle Putzlagen zu berücksichtigen, das Maß muss um diese Dicken ergänzt werden.
Zu beachten ist das Gesamtgewicht der Putzsysteme. Der Unter- und Oberputz vom Alt- und Neusystem darf ein Flächengewicht von 30 kg/m² nicht überschreiten. Bei Dämmstoffdicken über 200 Millimeter darf das Putz­gewicht des Neusystems im Nasszustand ein Flächengewicht von 22 kg/m² nicht überschreiten. Dickschichtige Putz­varianten werden aus diesem Grund grenzwertig sein.
Putze haben ein ­Eigengewicht von zirka 1,2 – 1,8 kg/m²/mm. Ein üblicher Aufbau mit 8 ­mm ­(Armierung 5 mm plus Deckputz 3 mm) beträgt demnach zirka 10 – 15 kg/m² Flächengewicht. Das ­Gewicht von Dämmstoffen und ­Klebemörtel muss dabei nicht berücksichtigt werden.

Resümee
Die Ausbildung von Anschlüssen an Fenstern oder die Festlegung der Überstände von Fensterbänken oder ­Abdeckungen sowie die Verarbeitungsschritte sind wie bei einem gebräuch­lichen WDVS-Aufbau auszuführen. Es gelten die Richtlinien und Vorgaben zur Verarbeitung von WDV-Systemen.
Die allgemeine bauaufsichtliche ­Zulassung verpflichtet den Antrags­steller, Einbaudatum und Einbauort von Aufdoppelungen an WDVS in eine Liste aufzunehmen und der obersten Bauaufsichtbehörde oder dem DIBt auf Ver­langen vorzulegen. Das verlangt von den Systemlieferanten, über den Ver­arbeiter die Objektadresse mit dem Ausführungsdatum einzufordern. Die Aufdoppelung von bestehenden Wärmedämmverbund-Systemen dient vorrangig nicht dazu, schadhafte und defekte Altsysteme zu sanieren. Sie ­bietet aber die Möglichkeit, WDVS an die heutigen Anforderungen anzu­gleichen.

Markus Haberland,
Anwendungstechnik Baumit GmbH

Abbildungen: Baumit                                                                                                   Ausgabe: 4/2012

Foto: kuraphoto/AdobeStock_428914080
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