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7. Juni 2021
Redaktion

Angebote gewinnbringend kalkulieren

Das Auftragsbuch ist voll, der Umsatz stimmt. Das klingt nach einer guten Ausgangsposition, die sich jeder Unternehmer wünscht. Trotzdem bleibt zu wenig Ertrag vom Umsatz. Eine Ursache könnte die Preiskalkulation sein.

Der Preis ist im Handwerk einer der wichtigsten Hebel zur Gewinnsteigerung. Dennoch orientieren sich viele Marktteilnehmer fast ausschließlich an der Konkurrenz. Gleichzeitig wird über den harten Preiskampf geklagt. Exakt diese Handwerker hören immer Rabatt und zu teuer. Umgekehrt gibt es Unternehmer, die können vieles, nur nicht billig. Was provokant klingt ist meist erfolgreich. Ganz nebenbei hat trotzdem ein Großteil der Marktteilnehmer genügend zu tun. Zur Wahrheit gehört, dass man auch mit niedrigen Preisen ordentliche Gewinne erzielen kann. Dann macht es die Masse. Letztendlich hat der Preis viel mit der  Rechenmethode und der Auftragsbeschaffungs-Strategie zu tun. In der Branche wird üblicherweise mit dem sogenannten Vollkosten-Stundensatz kalkuliert. Für kleinere und mittelgroße Handwerksbetriebe bietet diese Rechenpraxis eine einfache und sichere Methode rund um die Preisfindung. An den Meisterschulen im Maler- und Stuckateur-Handwerk wird zu Recht diese Rechenmethode favorisiert. Es wird darauf hingewiesen, dass die Deckungsbeitrags-Rechnung, also die Teilkosten-Rechnung, eine Alternative ist. In jüngster Zeit macht dieser Rechenansatz auf sich aufmerksam. Hauptgrund sind Software-Anbieter, die dieses Kalkulationsverfahren bei entsprechender Stammdaten-Hinterlegung vorsehen. Allerdings sorgen die EDV-Programme für reichlich Verwirrung, weil mit Vollkosten- und Deckungsbeitrags-Werten durcheinander gearbeitet wird. Rechnerisch zwar korrekt, aber ohne konsequent abzugrenzen. Die Erkenntnis ist wichtig, weil beide Rechenansätze unterschiedliche Denkweisen verfolgen.{pborder}

Unternehmerisch denken
Die Vollkosten-Rechnung verfolgt das Ziel, auskömmliche Preise und somit gute Erträge zu erzielen. Der Kalkulations-Grundsatz lautet vereinfacht: Verrechnungssatz mal Stunden plus Material und Fremdleistung gleich Preis. Dieses Grundprinzip wird mit Gewinnspannen auf Material und Fremdleistungen erweitert. Bei der Vollkosten-Rechnung sind die Kosten und die produktiven Stunden Dreh- und Angelpunkt des Denkens und Entscheidens. Wird kein auskömmlicher Preis erzielt, kommt kein Auftrag zustande. Man will ja nicht draufzahlen. Ein vernünftiger Unternehmer wird seinen kalkulierten Preis bei guter Auftragslage und Nachfrage noch aufbessern. Bei guter Konjunktur lässt man sich vom Kunden den Nutzen, den dieser hat, gut bezahlen. Allerdings setzt die Denkweise der Vollkostenrechnung einen Markt voraus, der in gewisser Weise reguliert beziehungsweise abgeschottet ist. Der Vollkostenrechner lehnt in der Folge unter Umständen Aufträge ab, die zum wirtschaftlichen Überleben des Unternehmens notwendig gebraucht werden. Es gibt Firmen die vom Markt verschwunden sind, weil sie die geschilderte Herausforderung nicht oder zu spät erkannt haben. Kritiker der Vollkosten-Rechnung vertreten die Haltung, dass unter starken Wettbewerbsbedingungen die Kalkulationsmethode nicht für die Preisbildung eingesetzt werden sollte. Allenfalls als Kontrollrechnung. Hauptargument ist, dass man sich aus dem Markt hinaus-kalkuliert. Weil man mit zu hohen Angebotspreisen nicht konkurrenzfähig ist. Das Rechnen mit Teilkosten, also Deckungsbeiträgen, gilt bei diesen Skeptikern als das Nonplusultra. Kurzfristige Entscheidungen in der Angebotsphase stehen dabei im Fokus. Diese Rechenphilosophie geht davon aus, dass einzig der Markt den Preis bestimmt. Und zwar in schlechten wie auch in guten Zeiten. Die Teilkosten-Rechnung sieht vereinfacht so aus: Verkaufspreis abzüglich variabler Kosten ergibt den Deckungsbeitrag. Dieser Beitrag steht zur Begleichung der fixen Kosten zur Verfügung. In der betrieblichen Praxis sind insbesondere Material, Fremdleistungen und die Löhne mit variablen Kosten gleichzusetzen. Die fixen Kosten sind in etwa vergleichbar mit den Gemeinkosten bei der Vollkostenrechnung. Da diese aber anders gehandhabt werden, werden sie auch anders bezeichnet. Auf keinen Fall dürfen die Fixkosten unter den Tisch fallen, wie umgekehrt die Kritiker der Deckungsbeitragsrechnung gerne argumentieren. Fakt ist: Bei schlechten Preisen benötigen Deckungsbeitrags-Rechner immer länger, um über den Kostendeckungspunkt in die Gewinnschwelle zu kommen. Im Alltag braucht es also mehr Aufträge und höhere Umsätze. Die Deckungsbeitragsrechnung signalisiert das sehr präzise. Werden Aufträge mit positiven Deckungsbeiträgen unterhalb der Selbstkosten angenommen, sind spätere Preiserhöhungen kaum durchsetzbar. Mit allen negativen Auswirkungen für den Markt als Ganzes. In der betrieblichen Praxis wird durch das Vermischen unterschiedlicher Kalkulationsmethoden die Deckungsbeitrags-Rechnung leider gerne verwässert. Der eigentliche Grundgedanke der Teilkosten-Rechnung bleibt dabei auf der Strecke. Wer die Deckungsbeitrags-Rechnung jedoch richtig einsetzt, kann die Vorteile als Kontroll- und Steuerungssystem sinnvoll nutzen. Bedingung hierfür ist, dass das Rechen- und Controlling-Instrument ganzheitlich im Unternehmen installiert ist und der handwerklich geprägte Unternehmer damit umgehen kann. Das gilt allerdings auch für Vollkosten-Rechner, denen es nicht anders geht. Auch hier ist ein Kontroll- und Steuerungssystem empfehlenswert, das zeitnah und präzise informiert, wie der Betrieb unterjährig dasteht.  Egal welche Kalkulationsmethode favorisiert wird, die Preiskalkulation deckt den einen oder anderen Handlungsbedarf auf. Zum Beispiel Ansätze von Kostensenkung. Oder die Realisierung besserer Preise, die zu den Stärken des Betriebes passen. Denn nur wer Preise richtig rechnet, weiß, mit welchen Aufträgen Gewinne oder Verluste erwirtschaftet werden. Richtig kalkulieren bedeutet auch, konkurrenzfähig zu sein und gleichermaßen attraktiv für den Kunden zu sein. 
F. Helfensteiner
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