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1. Januar 2015
Redaktion

Wo die Wärme abfließt

Bei der Altbausanierung entstehen häufig Wärmebrücken, die es zu vermeiden gilt. Der Beitrag von unserem Autor Dr. Josef Meier zeigt die häufigsten ­Wärmebrücken und die technischen Lösungen zu ihrer Vermeidung.


Foto: Dr. Josef Meier

Wärmebrücken sind gerade bei der Wärmedämmung von Altbauten ein häufiger Baufehler. Grundsätzlich sollte die wärmedämmende Hülle ein ­Gebäude lückenlos ­umschließen. Die Dämmwirkung sollte nach Möglichkeit überall sehr gut sein. Diese Forderung ist in einem alten Gebäude nicht immer  einhaltbar. An Ausnahmestellen können etwas verringerte Dämmwirkungen ­zugelassen werden. Um dort dennoch Schäden zu vermeiden, wäre der Einsatz einer Wandtemperierung sinnvoll, wie sie schon in der römischen Antike zum Einsatz kam. Allerdings nur, wenn das Funktionieren der Wanderwärmung ­etwa durch Überwachung von einem Hausmeister sichergestellt wird. Bei Wärmebrücken handelt es sich ­immer um örtlich begrenzte Fehlstellen, die dafür sorgen, dass Wärme unerwünscht aus einem Bauteil abfließt. Der verstärkte Wärmeabfluss führt zu höheren Umweltbelastungen und erhöht nicht zuletzt die Heizkosten für den Nutzer.

Schimmelpilz- und Algenbefall
Die Temperatur auf der Oberfläche der inneren Seite der Gebäude­hülle liegt an solchen Stellen deutlich niedriger als in den angrenzenden ­Bereichen. Deshalb bildet sich an ­solchen Stellen Kondensat, das zur Vermulmung von Bauholz wie Fachwerk oder Dachsparren, zur Ausblühung von bauschädlichen Salzen aus dem Mauerwerk oder zu Schimmelpilz- beziehungsweise Algenbefall führt.
Die niedrige innere Oberflächentemperatur im Bereich einer Wärmebrücke führt sehr oft zu Tauwasserausfall. ­Tauwasser bildet sich immer dann, wenn warme, feuchte Luft auf eine ­kalte Oberfläche trifft und dort unter den sogenannten Taupunkt abgekühlt wird. Dies wird durch die Tatsache verstärkt, dass die einmal durchfeuchtete Wand aufgrund der erhöhten Wärmeleitfähigkeit innen weiter abkühlt und so die Wärmebrückenwirkung erhöht wird. ­An den feuchten Stellen sammelt sich Staub und bildet in Verbindung mit ­Tapetenkleister und Anstrich einen idealen Nährboden für die Sporen von teils gesundheitsschädlichen Schimmelpilzen. Insbesondere in Räumen mit ­einer nutzungsbedingten höheren Luftfeuchtigkeit, wie zum Beispiel Küchen und Bädern, ist diese Gefahr groß. Um gesund zu wohnen, sollte die relative Luftfeuchtigkeit zwischen 30 und 60 Prozent liegen. Um Tauwasserausfall zu vermeiden, sollte eine Innen-Oberflächentemperatur der Wand-Fuß­boden-Kanten von 10 Grad Celsius ­keinesfalls unterschritten werden. Ein Altbau mit seinen dicken Wänden ­besitzt meist einen guten Wärmeschutz und garantiert auch in Gebäude­ecken innen oft eine Oberflächentemperatur, die Tauwasserausfall sicher ausschließt.

Auf die Temperaturdifferenz achten
Kalte Oberflächen haben außerdem zur Folge, dass der Bewohner einen »Zug« zu spüren vermeint. In Wirklichkeit wird ihm wesentlich mehr Strahlungswärme entzogen als bei höheren Oberflächentemperaturen. Um dieser Unbehaglichkeit zumindest teilweise entgegenzuwirken, wird der Bewohner die Heizung aufdrehen, um die Raumlufttemperatur zu erhöhen. Dadurch steigt der Heiz­energieverbrauch noch mehr. Es ist ­daher zu empfehlen, dass die Temperaturdifferenz zwischen Raumluft und mittlerer innerer Oberflächentemperatur der begrenzenden Raumflächen nicht mehr als drei Grad Celsius ­betragen sollte.
In dem Beiblatt 2 zur DIN 4108 – ­Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Wärmebrücken – ­Planungs- und Ausführungsbeispiele sind zahlreiche Beispiele zu Konstruktionen für Wärmebrücken detailliert ­beschrieben. Diese orientieren sich ausschließlich am Neubau. Die DIN EN ISO 10 211 – Teil 1 und 2 – Wärmebrücken im Hochbau regelt den Umgang mit ­Wärmebrücken auch nur am Neubau.

Typische Wärmebrücken an Altbauten und ihre fachgerechte Sanierung
Nach der energetischen Sanierung einer Altbauwohnung wurden im Erdgeschoss Salzausblühungen an der Bodenkante der Außenwand entdeckt. In dieser Raumecke hatte sich zudem Schimmel gebildet. Was war hier falsch gemacht oder vernachlässigt worden (Bild 1)? Zunächst warf der Vermieter dem ­Mieter vor, er habe zu wenig gelüftet. Gerade nach dem Einbau neuer dichter Fenster zusammen mit einer neuen Zentralheizung mit Heizkörpern unter den Fenstern ist das richtige Lüften in der Tat bei der Tauwasserbildung entscheidend wichtig. Wird nicht ausreichend gelüftet, wird sich Schimmel an der Wand bilden. Richtig Lüften heißt, das Fenster wenigstens zehn Minuten lang in vollem Umfang öffnen und die warme, feuchte Raumluft gegen frische Außenluft austauschen. Die so häufig angewandte gekippte Stellung des Fens­ters reicht keinesfalls für eine wirksame Lüftung aus.
Aufgrund der Schimmelbildung an der Fußbodenkante, wo die Kellerdecke aus Stahlbeton in die Außenwand eingebunden war, konnte fehlende Dämmung als mögliche Fehlerursache vermutet werden. Um sicherzugehen, wurde ­eine Wärmebildkamera eingesetzt. An der mit ihr abgelichteten Fassade war sofort die Wärmestrahlung (gelb bis rot gefärbter Bereich des Fotos), die von der in die Außenwand einbindenden Betondecke und der Kelleraußenwand ausging, und damit die dort vorhan­dene, durchaus typische Wärmebrücke deutlich zu erkennen (Bild 2).

Abhilfe mit WDVS
Die Wärmeleitung ist im Beton mehr als viermal so hoch wie beispielsweise in einem Ziegelmauerwerk. Eine Zusatz­dämmung nur auf der Außenseite eines Stahlbetondeckenauflagers reicht nicht aus, da die Wärme weiterhin oberhalb und unterhalb durch das verbliebene Mauerwerk abfließen kann. Um die Schimmelpilzbildung ein für alle Mal zu beseitigen, wurde vorgeschlagen, den Wärmebrückeneffekt mittels einer durchgehenden, außenliegenden ­Wärmedämmung, zum Beispiel durch ein Wärmedämm-Verbundsystem, vollständig auszuschalten (Bild 3).
Ein WDVS kann auch im Zusammenhang mit neu eingebauten Fenstern sehr wirksam sein. Bleibt beim Einbau zwischen Fensterrahmen und Leibung eine nicht gedämmte Lücke, so ist der Wärmeverlust in der Fensterleibung sehr hoch. Leibung und Rahmen bleiben kalt und werden daher oft feucht.
Eine Lösung für Sanierungen, die das Aufbringen eines Wärmedämm-Ver-bund­systems und den Einbau neuer Fenster wärmedämmend zusammen­fassen, kann folgendermaßen ausgeführt ­werden: Das Fenster wird außen bündig in die Fassade gesetzt und der Rahmen wird mindestens 3 cm vom Dämmstoff überdeckt. Wichtig ist ­dabei, dass ­zwischen Fensterrahmen und dem ­Innenputz ein luftdichter Anschluss hergestellt wird. Selbstverständlich muss der neue Fensterrahmen jetzt um diese 3 cm breiter sein, um das alte ­Erscheinungsbild des Fensters in der Fassade wiederherzustellen. Diese ­Lösung lässt sich immer dann nicht ausführen, wenn die Fensteröffnung ­einen gemauerten Fenster­anschlag ­besitzt. Jetzt muss das Fenster innen am Anschlag sitzen. Da die ­Wärmedäm-mung um den Anschlag ­herumgeführt werden muss, wird ein Fensterrahmen benötigt, der wesentlich breiter als der Anschlag ist. Das Holz des Fenster­rahmens wird in solchen Fällen aufgedoppelt. Auch bei der ­Dämmung von Dachgauben muss eine deutliche Verkleinerung der Fensterfläche hingenommen werden (Bild 4).

Lösungen für den Altbau
Die Lösung bei Dämm-Maßnahmen im Altbau bei unveränderten Fenstern könnte folgendermaßen aussehen: Die Dämmung mit mindestens 3 cm Stärke wird in die Leibung auf den Fenster­rahmen geführt. Die Temperatur in der Innenkante liegt dann deutlich über der Oberflächentemperatur der Scheibe und bedeutet bei normaler Raumfeuchte keinerlei Gefahr der Kondensation. ­Voraussetzung dafür ist eine breite Rahmenfläche, die jetzt selbstverständlich durch die Dämmung wesentlich ­reduziert wird.
An alten Gebäuden findet sich bis­weilen sehr dickes Mauerwerk. Es hat in der Regel viele Hohlräume infolge alter Heizungs­leitungen, insbesondere Heizkörper­nischen und anderer historisch bedingter Maueraussparungen. Zumeist ­besteht das Mauerwerk aus zwei ­äußeren, sauber gemauerten Schalen und einer inneren Füllschicht. Eine ­solche Füllschicht zwischen zwei ­Schalen des Mauerwerks kann Hohl­räume zum Beispiel infolge Binde­mittelauswaschung bilden. Auch Holzbalken, die sich im Mauerwerk befinden, können den Wärmeabfluss beschleunigen. Alle diese Hohlräume beziehungsweise Materialunterschiede stellen Wärmebrücken dar. Auch in ­solchen Fällen kann eine flächendeckende WDVS sinnvoll sein, wenn man insbesondere die Stellen mit dem höchsten Wärmedurchgang im Mauerwerk der Berechnung des U-Werts ­zugrunde legt.

Geometrische Wärmebrücken
Immer dort, wo die Wärme aufneh­mende Innenoberfläche kleiner als die Wärme abgebende Außenoberfläche ist, entstehen geometrisch bedingte ­Wärmebrücken. Das ist beispielsweise an Gebäudekanten und insbesondere an Gebäudeecken der Fall. Geometrische Wärmebrücken können nicht voll­ständig vermieden werden. Eine gute Wärmedämmung an der inneren oder äußeren Oberfläche  der Außenwand reduziert jedoch ihre Auswirkung entscheidend. Auch eine Beheizung der ­inneren Außenwandflächen kann sinnvoll sein (Bild 5).
Auskragende Balkonplatten stellen eine »klassische«, extrem starke Wärmebrücke dar: Beispielsweise wird die Dämmung durch eine sehr gut die ­Wärme leitende Stahlbetonbalkonplatte  oder durch die Balken eines Holz­balkons durchstoßen. Die große Oberfläche des Balkons führt die Wärme des Innenraums wie eine Kühlrippe an die Außenluft ab. Die Folgen sind eine ­starke Auskühlung der Decke in den Räumen unter den Balkonen und des an den Balkon angrenzenden Mauerwerks. Dies führt zu Feuchteschäden. Besser ist es, den Balkon auf außen am Mauerwerk angebrachten Konsolen zu lagern, was am Altbau oft nicht möglich ist. Die Konsolen bilden zwar ebenfalls Wärmebrücken, jedoch wird die Dämmung nur auf einer kleineren Fläche unterbrochen. Am besten wird der ­Balkon völlig getrennt vor die Fassade gestellt. Dies lässt sich beispielsweise mit Stahlgerüsten preisgünstig ausführen (Bild 6).

Die Flankendämmung
Bei der Altbausanierung werden Außenwände oftmals von innen ­gedämmt. Die Dämmung endet dann im  Allgemeinen an den das Geschoss in Zimmer einteilenden, senkrecht in die Außenwand einbindenden Innen­wänden. Dort können Zonen mit stark abgesenkter Oberflächentemperatur und erhöhtem Wärmeverlust entstehen. Eine gute Lösung zur Vermeidung ­solcher Wärmebrücken sind Dämmkeile beziehungsweise eine Flankendämmung auf beiden Seiten der Innenwand. Der Wärmeverlust wird deutlich verringert und kalte Zonen werden vermieden. Die Flankendämmung muss sich allerdings bis zur nächsten Innenwandkante ­erstrecken, will man Absätze in der Wandfläche vermeiden. Eine bessere Lösung ist das Ersetzen der gemauerten Innenwand durch eine Trockenbauwand mit innerer Wärmedämmung oder mit wärmegedämmten, porösen Leicht­mauer­ziegeln. Dies ist zwar wirtschaftlich aufwendiger, garantiert aber glatte Wandflächen, wie man sie in Bädern oder Küchen für die ­Installation braucht. Undichte Stellen finden sich in der Hauptsache an den Anschlussstellen der leichten Trennwände an den Massiv­wänden und an den Kaminen. Allerdings benötigt man bei der Trockenbauwand im Anschluss­bereich an die Außenwand eine Dampfbremse, die bei den gedämmten Mauerziegeln oft entfallen kann (Bild 7).

Probleme mit Kabeln
Aber selbst sauber luftdicht abgeklebte Dampfbremsfolien können durch handwerkliche Fehler zur Wärmebrücke ­werden. Die Verkabelung einer Decke kann zum Beispiel Probleme bereiten, wenn der Elektriker sein Kabel einfach durch die Dampfbremsfolie führt, ohne für eine luftdichte Abdichtung des ­dabei entstandenen Loches zu sorgen. Um dies zu vermeiden, sollten daher bei innen liegenden Wärmedämmungen die Kabel einer Stromleitung oder die Rohre einer Heizung am besten in eigenen Abseiten oder Fußbodenleisten geführt werden (Bild 8). Dämmt man ­zwischen den Sparren ­eines steilen ­Daches, indem man dort Wärmedämmmatten aus beispielsweise Mineralwolle oder Styropor einbringt, können dort leicht Wärmebrücken entstehen. ­Wärmedämmmaterialien ­zwischen den Sparren passen sich meis­tens nicht ­genau dem gekrümmten oder verzogenen Verlauf der alten Sparren an, es entstehen Spalten zwischen Sparren und Dämmung, also Wärmebrücken. Diese lassen sich vermeiden, indem man eine zweilagige Dämmung anbringt, die aus einer Lage Dämm­matten zwischen den Sparren und einer unter den Sparren besteht. Man darf nicht vergessen, dass der hölzerne ­Sparren selbst einen höheren Wärmedurchgang erlaubt und eine durch die Dachkonstruktion ­bedingte Wärmebrücke darstellt. Sie ist umso stärker wirksam, je dicker der ­Sparren und die Zwischensparren­dämmung ­gewählt werden (Bild 9).

Mansarddächer
An Gebäuden zum Beispiel des ausgehenden 19. Jahrhunderts findet man Mansarddächer. Sie bestehen aus einem steil geneigten unteren Dach und einem sehr flach geneigten Oberdach. Will man solche Oberdächer von außen dämmen, so muss man Wärmedämmung aus begehbaren Hartschäumen aufbringen, denn das Oberdach wird beispielsweise vom Kaminkehrer begangen. ­Solche Hartschäume neigen zum Schwinden, Polystyrol-Schäume sogar bis zu zwei Prozent. Auf diese Weise entstehen ungedämmte Spalten ­zwischen den Platten, die Wärmebrücken bilden. Deshalb müssen die Platten in zwei Lagen und mit versetzten Fugen aufgebracht werden. Zu lockere Anschlüsse an Lichtkuppeln, ­Kamine, Aufkantungen und Attiken können auch als Wärmebrücke ­wirken.      

Literatur
Wärmebrückenkatalog, herausgegeben von: Bundesamt für Energie BFE, Zürich 2002.
Horst Stiegel, Gerd Hauser;  Wärmebrückenkatalog für Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen zur Vermeidung von Schimmelpilzen, Bauforschung für die Praxis Band 74, Hrsg.: Ingenieurbüro für Bauphysik Hauser und Partner, Baunatal, Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2006.
Dr. Josef Meier, Energetische Sanierung von Altbauten, Fraunhofer IRB Verlag, 2. Auflage, Stuttgart 2011.

Abbildungen: 4: Kraußer; Rest: Meier                                                                                         Ausgabe: 5/2013

Foto: kuraphoto/AdobeStock_428914080
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