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1. Januar 2015
Redaktion

Putz und Untergrund

Noch in diesem Jahr sollen die »Leitlinien für das Verputzen von Mauerwerk und Beton« aktualisiert und der technischen Entwicklung angepasst werden. Über die Hintergründe informiert Dr. Johannes Schrenk und gibt einen Ausblick auf die neuen Leitlinien.


Als Folge der Ölkrise Anfang der 1970er-Jahre wurde 1977 die erste Wärmeschutzverordnung erlassen, die den Heizwärmebedarf von Gebäuden regelte. In der Folgezeit wurden die Anforderungen an Wohngebäude immer weiter verschärft, bis 2002 die erste ­Energieeinsparverordnung (EnEV) in Kraft trat, die zum ersten Mal eine ganzheitliche Betrachtung des Primärenergiebedarfs von Gebäuden zum Inhalt hatte. Die Anforderungen der EnEV wurden ebenfalls im Laufe der Jahre (2005, 2007 und 2009) verschärft, zurzeit warten wir darauf, dass die neue EnEV verbindlich erscheint, die bereits für 2012 angekündigt war.

Dämmender, leichter und weniger fest
Aufgrund der immer rascher fortschreitenden Novellierung beziehungsweise Verschärfung der Verordnungen, wurde die Wärmedämmung der Baustoffe, aus denen die Außenhülle eines Gebäudes besteht, immer besser, das heißt die Materialien wurden leichter und damit fast automatisch weniger fest.
Geht es um das Verputzen von Außenwänden, bekommt es der Stuckateur in der überwiegenden Zahl der Fälle mit Mauerwerk zu tun, das heute ganz anders aussieht als noch vor 20 oder gar 30 Jahren. Die Hersteller von Mauersteinen, ganz gleich ob es sich um Ziegel, Porenbeton oder Leichtbeton handelt, haben die Wärmedämmung ihrer Steine stets weiter verbessert, indem sie die Zusammensetzung und Struktur ihrer Produkte laufend optimiert haben. Während Ziegelscherben porosiert und das Stegbild immer ausgefeilter wurde, sank die Rohdichte des Porenbetons und die namensgebenden Poren wurden immer feiner, auch Leichtbetonsteine wurden immer leichter, bei nicht gefüllten Steinen sind wir hier mittlerweile bei der Rohdichteklasse 0,40 angelangt. Weitere Entwicklungen gingen in Richtung dämmstoffgefüllter Steine, die in ihren Kammern mineralische (Mineralwolle, Perlite etc.) oder organische
(Polystyrol, Phenolharz etc.) Dämmstoffe enthalten. Die wärmetechnisch besten Steine, die es zurzeit gibt, besitzen einen Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit von 0,055 W/mK, ein Wert, den man noch vor wenigen Jahren als unmöglich erreichbar eingestuft hätte.

Lösung Leichtputze
Die Entwicklung im Putzbereich beziehungsweise bei der Ausführung der Putzarbeiten konnte mit dieser rasanten Geschwindigkeit, in der sich der Putzgrund verändert hat, nicht immer Schritt halten. In den 1980er-Jahren wurde wärmedämmendes Mauerwerk noch mit traditionellen, schweren Kalkzement-Putzen verputzt, die eine zu hohe Festigkeit besaßen. Dadurch entstanden vermehrt sogenannte »Spannungsrisse« mit einem typischen netzartigen Erscheinungsbild.
Nachdem man erkannt hatte, dass die zu hohe Festigkeit des Putzes beziehungsweise das zu hohe E-Modul in Verbindung mit hoch wärmedämmendem Mauerwerk die Ursache für viele Schäden ist, wurden sogenannte Leichtputze entwickelt, deren Trockenrohdichte auf 1300 g/dm³ und deren Druckfestigkeit nach DIN 18550 auf
5 N/mm² begrenzt war. Doch auch diese Leichtputze waren keine dauerhafte ­Lösung des Problems, weil die Entwicklung der Mauersteine weiter in die leichte, wärmedämmende Richtung ging. In der Folgezeit entstanden deshalb zahlreiche Faser-, Ultra- oder
Superleichtputze, die meist eine Trockenrohdichte von < 1000 g/dm³ und eine Druckfestigkeit von zirka 2,5 bis 3,5 N/mm² besitzen.

Leitlinien sollen helfen
Parallel zu den Weiterentwicklungen innerhalb der Werktrockenmörtel­industrie wurden zahlreiche Merkblätter veröffentlicht, die das Verputzen unterschiedlicher Untergründe regeln sollten, um Schäden möglichst erst gar nicht entstehen zu lassen. Die Situation war zuletzt für den Planer und Architekten, aber auch für den Fachunternehmer sehr unübersichtlich, so dass alle bis dato gesammelten Erkenntnisse 2007 in den »Leitlinien zum Verputzen von Mauerwerk und Beton« zusammengefasst wurden, die vom Industrieverband Werkmörtel in Zusammenarbeit mit zahlreichen anderen Verbänden herausgegeben wurden.
In diesen Leitlinien sind neben einer detaillierten Beschreibung der Putzgründe genaue Empfehlungen enthalten, auf welchem Mauerwerk welcher Putz verwendet werden sollte. Die Begriffe »Leichtputz Typ I« und »Leichtputz Typ II« wurden eingeführt und definiert, genauso wie das Konzept der verschiedenen Stufen der Ausführungssicherheit.
Mittlerweile sind diese Leitlinien jedoch in die Jahre gekommen und mussten gründlich überarbeitet werden. Diese Überarbeitung ist nun weitgehend abgeschlossen und die neuen Leitlinien werden noch in diesem Jahr erscheinen. Als »Herzstück« darin enthalten ist eine ausführliche Tabelle, die beschreibt, welche Außenputze auf welchen Untergründen verwendet werden sollten. Die unterschiedlichen Steine sind darin nach Rohdichte und Wärmeleitfähigkeit geordnet, neu dazugekommen sind dämmstoffgefüllte Steine aus Ziegel und Leichtbeton, die nach der Dicke der Außenstege unterschieden werden. Die Tabelle und die damit verbundenen Ausführungsvarianten erlauben es dem Stuckateur, zugeschnitten auf seinen speziellen Anwendungsfall, die Entscheidung für den richtigen Putz und die richtige Ausführung zu treffen.
Ebenfalls aufgenommen wurde das neue Kapitel über Innenputz, das die Bindemittelvarianten Kalk, Kalkzement, Gips und Lehm sowie pastöse Produkte enthält. Das Kapitel über Putze unter keramischen Belägen (Fliesen) rundet den Anwendungsbereich der neuen Leitlinien ab.
Insgesamt werden auch diese neuen Leitlinien dazu beitragen, dass durch die richtige Putzauswahl und eine gute Abstimmung der Eigenschaften des Putzes auf die Anforderungen des
Untergrundes Schäden vermieden werden können.

Dr. Johannes Schrenk
Technischer Leiter bei der Rotec GmbH und der Bisotherm GmbH (Entwicklung und Vertrieb von Mauersteinen)

Abbildungen: 1: Bisotherm; 2: Quick-mix                                                                                                 Ausgabe: 11/2013

Foto: kuraphoto/AdobeStock_428914080
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