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1. März 2023
Redaktion

Mit den eigenen Fehlern umgehen

Babys fallen beim Versuch, gehen zu lernen, durchschnittlich 270 Mal auf den Hintern. „Try and Error“, Laufen können ist ein Lernvorgang, weil Erfolg auf Erfahrungen basiert. Vor dem Erfolg steht der Misserfolg, Erfahrungen sammelt man durch Fehler und Pannen. Doch diese Fehler lassen sich vermeiden. Nicht zuletzt durch bessere Planung.
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Fehlerquellen lassen sich bei einer guten Kommunikation innerhalb eines Unternehmens vermeiden.

Im Gegensatz zu den Gehversuchen des Babys verursachen Fehler im Handwerk Kosten, die man sich ersparen möchte. Bei schwierigen Arbeiten sind junge, unerfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schnell überfordert und machen Fehler. Entweder werden Fehler einkalkuliert, oder durch gründliche Arbeitseinweisung im Vorfeld vermieden. Churchill hat einmal gesagt: „Es ist gut, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu machen.“ Wer aus Angst, etwas falsch zu machen, schwierigen Aufgaben aus dem Weg geht, begeht den größten Fehler.

Reaktionen auf Fehler

Im Team unterstützt man sich gegenseitig, einer hilft dem anderen. Wenn jemand seinen Kollegen oder Kollegin wegen eines Fehlers anspricht (z. B. umständliche Arbeitsweise) muss das als Unterstützung, als Korrektur oder Rückmeldung gesehen werden, nicht als Kritik.

Es geht um die Beseitigung von Schwachstellen und Verbesserung der Arbeitsergebnisse, bevor der Kunde reklamiert oder der Chef unzufrieden ist. Die Bereitschaft, kritische Meinungen anderer anzunehmen, zeigt Größe und ist für die weitere Zusammenarbeit im Team konstruktiv. Wer berechtigte Kritik erträgt, kann seine Potenziale erweitern und verschafft sich Anerkennung. Da jeder seine Leistung subjektiv sieht, und anders bewertet als sein Kollege, kann es bei kleineren Fehlern zu Diskussionen kommen. Die eigene Einschätzung einer Leistung (Selbstbild) weicht von der Einschätzung eines anderen (Fremdbild) ab.

Für Korrektur gibt es zwei unterschiedliche Methoden: Bei der sogenannten „Best-Case-Methode“ informiert man den Kritisierten, welche Vorteile die schnellere und einfache Arbeitsweise hat. Bei der „Worst-Case-Methode“ erfährt der Kollege, die Nachteile, die sich durch seine umständliche Arbeitsweise ergeben. Bei dieser Methode wird der negative Fall dargelegt, der sich durch falsches Verhalten ergeben kann. Dabei darf der Tatbestand nicht übertrieben werden, um glaubwürdig zu sein.

Man verschafft sich auch Achtung bei den Kolleginnen und Kollegen, wenn man sich bei Fehlern nicht herausredet, sondern dazu steht, sie rechtzeitig einsieht. Am besten verzichtet man als Kritisierter auf das reflexartig auftretende Bedürfnis, sich bei Kritik zu verteidigen. Wer die übliche innere Reaktion auf eine Korrektur eines Kollegen spürt, verweilt einen Moment, hält inne, um das eigene Gefühl wahrzunehmen: „Aha, so fühlt sich Korrektur an“. Dadurch kann man die eigenen Gefühle regulieren und hat die Emotionen im Griff.

Der Mitarbeiter als Perfektionist

Ein Sprichwort sagt: „Dumme Menschen machen immer wieder die gleichen Fehler, intelligente machen immer wieder neue Fehler“. Der Perfektionist geht davon aus, dass seine Arbeiten erstklassig sind und auch kleine Fehler einfach nicht vorkommen. Perfektion ist gut und doch muss man damit rechnen, dass es anders kommt als geplant, z. B. wenn die Wände in einem Neubau beim Kunden entgegen der Planung feucht sind. Auch dem Chef darf es nicht unangenehm sein, wenn er etwas übersehen hat und sich später dazu bekennen muss. Wer Perfektionist ist, hängt die Messlatte bei sich und seinem Kollegen sehr hoch und ist mit 99 Prozent Leistung unzufrieden. Er strebt 120 Prozent an und erwartet das auch von anderen.

Wenn Fehler zwischen Kollegen besprochen werden, kommt es auf die Gesprächsführung an. Zwischen der Ich- und Du-Botschaft besteht ein deutlicher Unterschied. Die Du-Botschaft wird vom Mitarbeitenden als Vorwurf wahrgenommen: „Du bist zu langsam…, Du musst dich mal beeilen…, Du hast das falsch gemacht…“. Die Ich-Botschaft wirkt vorwurfsfrei und wird eher akzeptiert: „Ich habe festgestellt…, Mir fällt auf…, Ich sehe gerade…“.

Jüngeren, weniger erfahrenen Mitarbeitern im Team kann man nicht die volle Verantwortung übertragen. Der Idealzustand ist zwar fehlerfreies Arbeiten, aber eine „Fehlerkultur“ gestattet dem Kollegen sich zu korrigieren und damit Stärken zu entwickeln und Erfahrungen zu sammeln. Wer nicht auf Anhieb perfekt arbeitet, sollte nicht an den Pranger gestellt werden. Selbstwertgefühl und Motivation des Betreffenden würden darunter leiden. In einer konstruktiven Fehlerkultur steht die Suche nach der Ursache an erster Stelle. Die Möglichkeiten der Prävention sind wichtiger als den Schuldigen zu „verurteilen“.

Erfahrungen sammeln

Google hat für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den USA folgenden Grundsatz geschaffen: „1) Fehler sind keine Katastrophe, sofern sie nicht viel kosten. 2) Fehler dürfen sich nicht wiederholen, keinesfalls mehrfach vorkommen. 3) Fehler müssen transparent werden, damit man aus ihnen lernt.“ Natürlich sollen Fehler vermieden werden, aber begangene Fehler sind nun mal gemacht und wer daraus lernt, liegt richtig. Einem jüngeren, weniger erfahrenen Mitarbeiter kann man nicht die volle Verantwortung für Schwieriges übertragen. Am besten konzentriert man sich auf das, was er kann und überfordert ihn nicht. Wer sich intensiv mit dem Vermeiden von Fehlern befasst, blockiert sich selbst.

Fehlermöglichkeiten mit großen Auswirkungen, z. B. Vernachlässigung von Unfallvorschriften, müssen durch Kontrollmaßnahmen auf ein absolutes Minimum reduziert werden. Über Fehler lässt sich streiten, z. B. mangelhafte Freundlichkeit, oder restlose Beseitigung von Schmutz werden subjektiv empfunden und können leicht abgestritten werden. Auch sorgfältiges Qualitätsmanagement verhindert nicht immer eine Null-Fehler-Arbeit. Fehler sind nichts anderes als die Abweichung vom optimalen Zustand. Sie zeigen lediglich, dass noch etwas fehlt.

Nobody is perfect

Schon bei der Arbeitseinteilung muss die Belastungsgrenze des Mitarbeiters berücksichtigt werden. Bei großem Auftragseingang drängt die Zeit, da muss das Team schneller arbeiten und mit dem Zeitdruck klar kommen. Oft zeigt sich Überforderung erst vor Ort, z. B. besondere Schwierigkeiten im Altbau und Probleme durch räumliche Enge. Für das Team ist es ein Kompliment, wenn man ihm viel zutraut, Gedanken der Mehrbelastung werden erst einmal verdrängt, und Schwierigkeiten als Herausforderung gesehen. Wer Problemarbeiten fehlerfrei erledigt, wird auch weiterhin für Schwieriges eingesetzt werden, ist also ständig an der Belastungsgrenze und auf Dauer überfordert.

Der Arbeitgeber hat die Fürsorgepflicht dem Arbeitnehmer gegenüber (§ 241 Abs. 2 BGB) und darf ihn, zumindest permanent, nicht überfordern. Die Umstände des Einzelfalls müssen berücksichtigt werden. So kann man einem Azubi nicht verantwortungsvolle Aufgaben übertragen und ihn damit überfordern. Wer an seine eigene Grenze angekommen ist, riskiert Arbeitsfehler und wünscht sich, dass man seine Lage erkennt und Hilfe anbietet. Viele haben nicht den Mut die Überforderung anzusprechen, sie befürchten den Stempel der Unfähigkeit zu erhalten.

Umgang mit eigenen Fehlern

Wenn man eigene Fehler feststellt, geht ein Stück Selbstwertgefühl verloren. Für den ehrgeizigen Mitarbeitenden ist ein Fehler der Beweis, dass er oder sie nicht perfekt genug war. Jeder möchte als kompetenter und erfolgreicher Mitarbeiter, der fehlerfrei arbeitet, wahrgenommen werden. Fehler führen zu Selbstvorwürfen, man ist verunsichert, verliert den Mut für schwierige Arbeiten. Wer seinen eigenen Fehler als einen persönlichen Makel wahrnimmt, befürchtet die Wiederholung des Fehlers und ist nur an einfacheren Arbeiten interessiert.

Rolf Leicher

Foto: kuraphoto/AdobeStock_428914080
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