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25. Februar 2022
Redaktion

Ein Material, hundert Spielarten

Viele Planer und Bauherren denken beim Thema Putzfassaden zunächst an Standardtechniken wie Scheiben- oder Reibeputz, die dünnschichtig aufgetragen und strukturiert werden. Dabei sind es die dickschichtigen Strukturen, die die zahlreichen Vorteile mineralischer Edelputze erst richtig zur Geltung bringen. 

 

Foto: Saint-Gobain Weber

Wer durch die Straßen einer beliebigen Stadt geht, wird bestätigen: Putz ist das mit Abstand am häufigsten verwendete Material an Fassaden. Putzfassaden erfreuen sich quer durch alle Architekturstile großer Beliebtheit. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen organischen und mineralischen Fassadenputzen oder dünn- und dickschichtigen Putzsystemen. Organische Putze werden immer dünnschichtig, das heißt in einer Schichtdicke von 2-3 mm aufgetragen, mineralische Putze können dünn-, mittel-, dick- und superdickschichtig aufgebracht werden. Eine dickere mineralische Putzschicht lässt sich vielfältig strukturieren und ermöglicht eine nahezu unendliche Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten.

 

Die Korngröße macht den Unterschied

Die Schichtstärke ergibt sich aus der Korngröße des Strukturkorns. Als dickschichtig gilt ein Edelputz, wenn die Schichtdicke größer ist als die maximale Korngröße. Diese liegt meist zwischen 2 und 5 mm. Aber auch Körnungen bis zu 8 mm sind möglich und erzeugen ein besonders präsentes und aussagekräftiges Bild. Ebenfalls Einfluss auf das Erscheinungsbild hat die Farbe des Zuschlags. Marmor zum Beispiel erzeugt in Kombination mit Kalkhydrat und Weißzement eine natürlich weiße, gleichmäßige Färbung des Putzes. Alternativ kann auch mit kontrastbildenden Zuschlägen wie Quarz gearbeitet werden. Das endgültige Erscheinungsbild wird jedoch vor allem von der Putztechnik beeinflusst. Hier gibt es eine Fülle an Handwerkstechniken, die der Fassade den letzten Schliff verleihen. 
 
Bei der Listeltechnik wird ein Edelkratzputz dickschichtig aufgebracht. Auf den noch feuchten, glatten Putz wird die breitenverstellbare Listelschiene als Schablone gelegt. Mit einem Listelwerkzeug lassen sich Bossen schneide. Anschließend wird die Oberfläche mit einem Kratzigel bearbeitet. Foto: Saint-Gobain Weber
 

Edelkratzputz – charakteristisch und selbstreinigend

Ein bekanntes Beispiel für einen dickschichtigen Fassadenputz sind Edelkratzputze. Sie bieten die Möglichkeit, unterschiedlichste Körnungen frei an der Oberfläche zu präsentieren, da diese nicht wie üblich mit einem Bindemittelfilm umgeben sind. Die Auftragsstärke beträgt in der Regel 10 bis 15 mm. Nach einer bestimmten Erhärtungszeit wird die spannungsreiche Oberfläche mit einem Nagelbrett, dem sogenannten Kratzigel, bis auf eine Schichtdicke von 8 bis 10 mm zurückgekratzt. Erst durch das herausspringende Korn entsteht die charakteristische Putzstruktur, die jeder Fassade eine eigene Handschrift verleiht.
 
Dickschichtige Kratzputze vereinen die Vorteile mineralischer Edelputze. Durch ihr gleichmäßiges Strukturbild verleihen sie Gebäuden eine edle Optik. Gleichzeitig sind sie robust und schützen die Fassade dauerhaft gegen Beschädigungen. Da es sich um ein natürliches, mineralisches Material handelt, kann auf einen Egalisationsanstrich verzichtet werden. Die Oberfläche reinigt sich durch kontrolliertes „Absanden“. Zudem verringert das größere Wärmespeichervermögen dickerer Putzschichten das nächtliche Auskühlen und somit die Bildung von Kondenswasser an der Oberfläche.
 

Besenstrich – Rückkehr eines Klassikers

Eine traditionelle Handwerkstechnik – der Besenstrich – findet seit einigen Jahren erneut vermehrte Aufmerksamkeit bei Neubauten. Während zur Gründerzeit vor allem Sockelbereiche durch die Besenstrich-Technik gegliedert wurden, entfaltet die Struktur heute seine Wirkung besonders auf großflächigen modernen Baukörpern.
 
Die Herstellung von Besenstrichoberflächen erfordert sorgsames Arbeiten und handwerkliches Können. Ein dickschichtiger mineralischer Oberputz wird in zwei Lagen mit jeweils 2 bis 3 mm Dicke aufgetragen und noch im frischen Zustand mit einem Straßen- oder Kunststoffbesen horizontal gestrichen. So entsteht die kraftvolle, unregelmäßige, leicht geschwungene reliefierte Horizontalstruktur.
 
 

Sgraffito- und Listel-Technik sorgen für Akzente

Wer zusätzliche Akzente an der Fassade setzen möchte, kann auf die Sgraffito-Technik zurückgreifen. Dies setzt jedoch nicht nur handwerkliches, sondern auch künstlerisches Geschick voraus. Für ein Sgraffito-Motiv werden mehrere Schichten farbiger Edelkratzputz mit ca.1 mm Kornstärke in gleichmäßiger Schichtdicke übereinander aufgetragen. Mit einer Schablone lassen sich die gewünschten Motive auf die Wand übertragen. Je nachdem, welche Farbe an welcher Stelle im Motiv erscheinen soll, wird dort entsprechend viel vom Putz mit Hilfe einer Schlinge oder eines Spatels abgekratzt. Diese Arbeitsschritte erfolgen, solange der Putz noch feucht ist. Andernfalls besteht das Risiko, dass die Konturen unsauber ausbrechen. Deshalb ist es wichtig, zügig und ohne große Unterbrechungen zu arbeiten. Mit dem fertigen Sgraffito entsteht ein kunstvolles Wandbild, das dank des dreidimensionalen Aufbaus eine besondere Tiefe bekommt.
 
Die Listeltechnik versteht sich als moderne, vereinfachte Interpretation der Sgraffito-Technik. Da hier häufig nur mit ein bis zwei Farben und geraden Linien gearbeitet wird, ist der französische Begriff „Listel“, der übersetzt „Streifen“ bedeutet, naheliegend. Bei der Ausführung der Listeltechnik kommt zunächst nur eine Schicht Edelkratzputz zum Einsatz, die dickschichtig aufgebracht wird. Dabei gilt: je feiner die Körnung, desto feiner die Konturen – eine zu grobe Körnung führt zu unsauberen Linien. Für ein optimales Ergebnis empfiehlt sich ein Edelkratzputz mit einer Körnung von 1,5 oder 2 mm, wie zum Beispiel der weber.top 203 AquaBalance.
 
Für eine Umsetzung der Listeltechnik wird eine Schablone auf dem noch feuchten Putz ausgerichtet. An ihr entlang wird ein Teil der Putzschicht mit einem Listelwerkzeug in der gewünschten Form, wie Trapez oder Schlinge abgenommen, um die sogenannten Bossen oder Faschen zu schneiden. Für gerade Linien wird eine Listelschiene verwendet, die sich auf die gewünschte Breite einstellen lässt. Die Oberfläche wird im Anschluss mit einem Kratzigel bearbeitet, sodass sich im Ergebnis ein dreidimensionales Putzbild mit Kratzputzoberfläche zeigt. Alternativ zum dreidimensionalen und einfarbigen Muster lässt sich auch eine farbige und oberflächenbündige Zeichnung an der Putzoberfläche erzeugen. Hierzu wird die zuvor ausgeschnittene Bosse mit einem eingefärbten Edelkratzputz aufgefüllt. Nach einer entsprechenden Abbindezeit des Putzes wird die gesamte Oberfläche mit dem Kratzigel bearbeitet. 
 
Durch ihr gleichmäßiges Strukturbild verleihen Edelkratzputze Fassaden eine besonders edle Optik. Foto: Saint-Gobain Weber
 

Bindemitteltechologie ersetzt auswaschbare Biozide 

Je aufwendiger die Gestaltung der Putzfassade durchgeführt wurde, desto langlebiger sollte deren ästhetische Wirkung andauern. Der Baustoffhersteller Saint-Gobain Weber stattet deshalb sein gesamtes Edelputz-Sortiment zusätzlich mit der umweltschonenden AquaBalance-Technologie aus. Diese für pastöse wie mineralische Putze verfügbare Technologie greift das mineralische Wirkprinzip auf und verstärkt es: Feuchtigkeit wird von der Fassadenoberfläche in feine Kapillare transportiert und kontrolliert wieder abgegeben. Auf diese Weise trocknet die Fassade schneller ab, Algen und Pilzen wird die Grundlage entzogen und so der Bewuchs an der Fassade verhindert – ohne die sonst üblichen, umweltschädlichen Biozide.
Georg J. Kolbe, Leiter Produktmarketing Putz- und Fassadensysteme bei der Saint-Gobain Weber GmbH, Düsseldorf
 
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Foto: kuraphoto/AdobeStock_428914080
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