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31. August 2022
Redaktion

Warum die europäischen Normen für Außenputze überarbeitet werden müssen

Die europäischen Normen für Außenputze stoßen auf Kritik. Befürchtet wird eine nicht zeitgemäße Interpretation für den Aufbau von Außenputzen sowie eine damit verbundene -schlechtere Qualität des Stuckateurhandwerks. Nach Ansicht von Experten wäre es besser, die heimischen Regeln zu überarbeiten, anstelle neue Normen einzuführen.


Foto: Bernd Ducke

Für die neuen Richtlinien gibt es aus Sicht von Experten Überarbeitungsbedarf. Es gibt drei Gründe dafür:

  1. Die Regel für den Aufbau von Außenputzen stammt aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts und wurde für Vollziegelmauerwerk und Weißkalkputz aufgestellt. Für das heutige wärmedämmende Mauerwerk gelten andere Anforderungen.
  2. Der Regenschutz ist eine wesentliche Aufgabe des Außenputzes und wird nicht angemessen berücksichtigt.
  3. Anforderungen und Umfang der Normen entsprechen nicht der in Europa üblichen Art.

Diese Punkte werden im Folgenden erläutert und begründet.

{pborder}1 Putzregel

1.1 Vollstein-Mauerwerk und Putz

Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war eine 1½ Stein dicke Vollziegelwand, aufgemauert im Läufer/Binder-Verband die häufigste Ausführung für Wohnungsaußenwände. Die Stabilität solcher Wände resultiert einmal aus dem Verband; denn die Binderschichten halten gewissermaßen die Läuferschichten zusammen. Zum andern bewirkt die volle Vermörtelung zu etwa gleichen Festigkeiten des Mauerwerks in vertikaler und horizontaler Richtung. Da die Vollsteine aus Ziegel oder später auch aus Kalksandsteinen ähnliche Werte der Wärmeleitfähigkeit wie der Mauermörtel aufweisen, bestehen auch hinsichtlich der Wärmedämmung bzw. der Temperaturen von Mauerstein und Fugenmörtel keine großen Unterschiede. Spannungen bzw. Formänderungen innerhalb des Mauerwerks, die zu Putzschäden führen können, waren eher die Ausnahme.

Die Putzmischungen wurden früher auf der Baustelle mit dem jeweils verfügbaren Sand und Bindemittel hergestellt. Als Bindemittel wurde vor allem eingesumpfter Weißkalk verwendet, der als das ergiebigste und billigste Putzbindemittel gegolten hatte. Der Putz wurde in der Regel in zwei Lagen aufgebracht. Der im Mittel etwa 15 mm dicke Unterputz diente vorwiegend zum Ausgleich von Unebenheiten des Rohmauerwerks, auf den nach einer gewissen Zeit der etwa 5 mm dicke Oberputz folgte. Wenn im Unterputz Schrumpfrisse aufgetreten sind, konnten diese durch den Oberputz meist dauerhaft überdeckt werden. Durch das Herstellen der Mörtelmischungen am Bau waren Unterschiede in der Zusammensetzung einzelner Chargen unvermeidlich, was sich auf die Qualität der Putzmischungen auswirken und Putzschäden verursachen konnte. In vielen Schriften der damaligen Zeit wird ausgeführt, dass der Unterputz mit Zugabe eines hydraulisch erhärtenden Zusatzmittels hergestellt werden soll, damit der Oberputz zeitnah aufgebracht werden kann. Der Unterputz wird dadurch etwas fester als der Oberputz. Diese Handwerksregel wurde 1955 in der ersten deutschen Putznorm DIN 18550 als „Grundsatzregel“ aufgeführt, die in den folgenden Normausgaben (1967 und 1985) ebenfalls übernommen worden ist. Diese Putzregel bezeichnete man kurz mit „weich auf hart“ und das Gegenteil war ein „falsches Festigkeitsgefälle“.

1.2 Sparwände

Bereits vor dem Ersten Weltkrieg zeichnete sich die Tendenz ab, vom Mauern mit kleinformatigen Vollsteinen zu größeren und leichteren Steinen überzugehen. Gründe dafür waren das geringere Transportgewicht und die bessere Rationalität. So entstanden Mauern mit Luftschichten und Blocksteine mit Lufthohlräumen oder aus Leichtbeton, vorwiegend aus Hochofenschlacke. Auch Langlochziegel mit horizontalen Lochreihen wurden hergestellt. Solche Wände wurden damals als „Sparwände“ bezeichnet. Sie wurden in gleicher Weise verputzt wie zuvor die Vollsteinwände. Aufgetretene Putzschäden wurden auf den anderen Verband oder auf das von Vollziegeln nicht bekannte Schwinden zurückgeführt. Wolfgang Triebel berichtet darüber in seinem Buch „Geschichte der Bauforschung“ [1].

1.3 Anschließende Weiterentwicklung im Wohnungsbau

Die Bezeichnung Sparwände geriet anschließend in Vergessenheit. Nach den wirtschaftlichen Wirren der 20er-Jahre sind für den Wohnungsbau das zweischalige Sichtmauerwerk (wegen des Regenschutzes) sowie Wände aus Hochlochziegeln und Hohlblocksteinen verblieben. Die Unklarheiten über Ursachen und Abhilfe bei Putzschäden blieben aber bestehen. Das veranlasste Professor Graf vom Materialprüfungsamt der Technischen Hochschule Stuttgart zu deutschlandweiten Umfragen über übliche Putzarten und Putzausführungen in 30 Hochbauämtern in der Hoffnung, dadurch Erfahrungen über die Vermeidung der „häufigen Putzschäden“ zu gewinnen, wie es in dem Ergebnisbericht heißt [2]. Diese Untersuchungen begannen 1941, konnten aber kriegsbedingt nicht zu Ende geführt werden.

Während des Zweiten Weltkriegs und unmittelbar danach gab es natürlich wieder keine Wohnungsbauforschung. Erst ab 1950 hat das zuständige Ministerium dafür Mittel frei und als eine der ersten Forschungsmaßnahmen entstand die Freilandversuchsstelle Holzkirchen des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik zu vergleichenden Untersuchungen des Wärme- und Feuchteverhaltens von früheren und neueren Wandbaustoffen. In diesem Zusammenhang sind ebenfalls wieder Putzschäden aufgetreten, die in der Folge eingehende Untersuchungen auslösten.

Mit dem Neubeginn von Wirtschaft und Technik nach dem Krieg sind auch Entwicklungen entstanden, ausgelöst von „Betriebsfremden“, welche die überkommene Putzregel nicht kannten und deshalb ihre Ideen ohne Vorurteile verfolgten, wie z.B. ein Anstrichtechniker mit dem Wärmedämmverbundsystem oder eine Verpackungsfirma, welche eine Verwendung für ihre Abfälle von Polystyrol-Hartschaum suchten und den EPS-Wärmedämmputz entwickelte. Im Fraunhofer-Institut wurden diese Neuerungen von Anfang an verfolgt und geprüft und gaben auch den Anlass für die Kritik an der überkommenen Putzregel.

1.4 Wärmedämmendes Mauerwerk

Jedes Mauerwerk hat natürlich eine gewisse Wärmedämmung, aber gemeint ist hier Mauerwerk, das bei ausreichender Tragfähigkeit eine höhere Wärmedämmung hat als entsprechend dem Mindestwert nach der Wärmeschutznorm DIN 4108. Das wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von der Dämmstoffindustrie zur Erhöhung der thermischen Behaglichkeit propagiert und wurde später wegen der zunehmend erforderlichen Energie-einsparung wesentlich höher vorgeschrieben. Bei Mauerwerk wird das z.B. durch Rohdichte und Art der Lochung der Mauersteine oder durch die Vermörtelung ermöglicht (Leichtmörtel und/oder Teil- statt Vollvermörtelung). Solches Mauerwerk kann man nicht mehr wie das Vollsteinmauerwerk als „homogen“ bezeichnen, sondern das ist mehr oder weniger „heterogen“, weil sich die Eigenschaften von Steinmaterial und Mörtel deutlich unterscheiden. Deshalb werden bei hygrothermischen Einwirkungen Spannungen zwischen Stein und Mörtelschicht entstehen, die – je nach den Festigkeitsverhältnissen – zu Abrissen führen können. Diese Risse können infolge Kerbwirkung Risse im Außenputz zur Folge haben [3]. In diesem Fall ist die Ursache von Außenputzschäden eindeutig auf das Mauerwerk zurückzuführen.

1.5 Problemlösung: Entkopplungsputz

Sowohl mit Dämmputz als auch mit Leichtputz – beides sind Putze mit „falschem“ Festigkeitsgefälle nach der überkommenen Putzregel – sind bei Vorversuchen in der Praxis keine Putzschäden entstanden. Beide Putzarten wurden deshalb genormt; der Wärmedämmputz 1991 durch DIN 18550-3 und der Leichtputz 1993 durch DIN 18550-4. Die erfolgreiche Anwendung von Dämmputzen und Leichtputzen besteht darin, dass Spannungen und Formänderungen aus dem heterogenen Mauerwerk nicht an die wetterschützende Außenschicht des Außenputzes weitergeleitet werden; der Oberputz wird gewissermaßen vom Mauerwerk „entkoppelt“. Zu diesem Zweck muss der Unterputz entsprechend schubweich sein (mit kleinem E-Modul) und der Oberputz gleichmäßig dick aufgebracht sein und eine ausreichende Zugfestigkeit haben. Beide Schichten zusammen bilden ein wirksames Entkopplungs-Putzsystem. Es wird vorgeschlagen, diese beiden Schichten nicht nach ihrer Lage (Unter- bzw. Ober-) zu bezeichnen, sondern als „Entkopplungsschicht“ und „Deckschicht“, wobei letztere den optisch und technisch wichtigen äußeren Abschluss der Wand bildet. Diesen Putzaufbau kann man auch kurz mit „hart auf weich“ benennen gegenüber der ursprünglichen Handwerksregel für Weißkalkputz auf Vollsteinmauerwerk.

Das Prinzip „Entkoppeln wurde bereits vor drei Jahrzehnten in [4] vorgeschlagen. In [5] wird auch eine Prüfanordnung zur Ermittlung des „Entkopplungsmaßes“ beschrieben und in [6] wird darauf hingewiesen, dass nach Berichten von Vitruv bereits die alten Griechen und Römer Entkopplungsschichten beim Verputzen von Fachwerkwänden verwendet hatten. Diese Entkopplungsschichten bestanden damals aus einer in Lehm eingebetteten Lage Schilfrohr. Das Entkoppeln ist somit eine alte Methode und eine physikalisch begründete Putzregel gegenüber der alten auf Erfahrungen mit dem damaligen Vollziegelmauerwerk beruhenden Handwerksregel.

2 Regenschutz

2.1 Wasseraufnahme bei Wasserkontakt

Eine einfache Art, die Eigenschaften eines Stoffes gegenüber Wasser festzustellen, besteht in einem Saugversuch. Man taucht den Stoff in Wasser ein und stellt durch Wägung die aufgenommene Wassermenge in Abhängigkeit von der Eintauchzeit fest. Daraus ist der Wasseraufnahmekoeffizient w in kg/(m²·h0,5) zu berechnen. Mit diesem Wert kann man z.B. die Wasseraufnahme eines Außenputzes bei Beregnung ermitteln. Für die Weiterleitung der Feuchtigkeit aus dem feuchten Putz in den Wandbaustoff wird es aber etwas komplizierter: In diesem Fall kommt es auf die Kapillarsysteme und die Feuchtegehalte der beiden Stoffe Außenputz und Mauermaterial an. Die Weiterleitung ist in jedem Fall geringer als entsprechend dem w-Wert des Außenputzes zu erwarten wäre.

2.2 Wasserdampfdiffusion

Die Wiederaustrocknung einer beregneten Wand hängt einmal von der Wasserrückleitung aus dem Wandmaterial ab und dann von der Weiterleitung durch den Außenputz. Letzteres erfolgt hauptsächlich durch Wasserdampf-Diffusion, insbesondere bei Kunstharzputzen oder mit Kunstharz modifizierten oder wasserabweisenden Putzen. Als maßgebender Kennwert hierfür gilt die diffusionsäquivalente Luftschichtdicke sd = µ.s.

2.3 Anforderungen

Zur Beurteilung der Regenschutzeigenschaften eines Außenputzes kann man in erster Näherung für die Wasseraufnahme bei Schlagregen den Wasseraufnahmekoeffizienten w und für die anschließende Trocknung die diffusionsäquivalente Luftschichtdicke sd des Außenputzes heranziehen. Die Trocknungsmöglichkeit soll im Langzeitmittel höher als die Wasseraufnahme bei Regeneinwirkung sein, natürlich abhängig vom gegebenen Klima. Dabei werden Transportvorgänge durch Weiterleitung im Baustoff und Außenputz unberücksichtigt, was aber für eine Abschätzung, um die es hier geht, zulässig ist. Durch langjährige Untersuchungen an verschiedenen Außenputz- und Baustoffvarianten hat sich ergeben, dass folgende Bedingungen für einen Außenputz erfüllt sein müssen, damit auch bei starker Schlagregenbeanspruchung ein ausreichender Regenschutz besteht:

w ≤ 0,5 kg/(m²·h0,5)   sd ≤ 2,0 m.  w·sd ≤ 0,2 kg/(m·h0,5)

Wenn diese Anforderungen erfüllt sind, dann ist der Außenputz als „wasserabweisend“ zu bezeichnen.

Genormt wurden der Begriff und die Anforderungen 1980 in DIN 4108-3 und 1985 in DIN 18550-1. Seit nunmehr 4 Jahrzehnten werden wasserabweisende Außenputze in Deutschland ausgeführt mit guten Ergebnissen, siehe anliegendes Bild …

3 Europäische Normen EN

3.1 Putzregel

In DIN EN 13914-1,2016 ist unter 6.2.1 „Planungsempfehlungen“ Folgendes zu lesen (Originalformulierungen aus der Norm werden stets kursiv geschrieben): Die Leistungsanforderungen an mineralisch gebundene Putze sind normalerweise erfüllt, wenn die Festigkeit des Oberputzes höchstens der Festigkeit des Unterputzes entspricht, obwohl das nicht für wärmedämmende Putze oder Leichtputze gilt, wenn ein polymermodifizierter oder Armierungsputz mit Gewebeeinlage verwendet wird. Die Oberputzlagen in einer der Korngröße entsprechenden Dicke aufgebracht und strukturiert dürfen eine höhere Druckfestigkeit aufweisen. Der erste Teil dieses Satzes entspricht fast wörtlich der Formulierung aus DIN 18550-1 von 1955 und der weitere Teil – insbesondere hinsichtlich Leichtputzen – beschreibt die Putze, die heute zum allergrößten Teil verwendet werden und nun als Ausnahmen der aufgestellten Putznorm gelten. Sodann folgen unbewiesene Behauptungen oder falsche Formulierungen: Über Armierungsputze mit Gewebeeinlage gibt es eher gegenteilige Erfahrungen [6] und eine Oberputzlage in einer bestimmten Korngröße ist ggf. eine zusätzliche Dekorschicht, aber niemals ein zugfester Oberputz für eine Leichtputzlage (Frage: wie soll von einer solchen Oberputzlage die Druckfestigkeit ermittelt werden?). Einige Zeilen weiter wird die obige Putzregel nochmal formuliert. Nämlich unter 6.18 mit dem Titel „Anzahl, Dicke und Festigkeit von Putzlagen“: Im Allgemeinen sollten die nachfolgenden Putzlagen nicht fester sein als die vorhergehende Lage oder der Putzgrund, ausgenommen Wärmedämmung. Diese Formulierungen berücksichtigen in keiner Weise die seit langem publizierten Überlegungen über Ausführungsregeln für Außenputze.

Bei den europäischen Richtlinien für Außenputze gibt es nach Ansicht von Experten Überarbeitungsbedarf. Foto: Saint-Gobain Weber

3.2 Regenschutz

Für den Regenschutz wird in den europäischen Normen nur die Wasseraufnahme gefordert. Anforderungen über die Wiederaustrocknung wie in den deutschen Normen DIN 4108-3 und DIN 18550-1 gibt es nicht. In Abschnitt 6.7 der DIN EN 13914 werden unter dem Titel „Beständigkeit gegen das Eindringen von Regenwasser“ drei Bereiche mit unterschiedlichen Klimaverhältnissen beschrieben, nämlich:

  1. Raue Witterungsbedingungen, wenn der Putz starkem Regen ausgesetzt ist
  2. Gemäßigte Bedingungen
  3. Geschützte Bedingungen

Für diese drei Witterungsbedingungen werden für mineralische Putze (DIN EN 998-1) und organisch gebundene Putze (DIN EN 15824) Wasseraufnahmekoeffizienten angegeben. Für raue Witterungsbedingungen gelten hiernach folgende höchstens zulässige Werte der Wasseraufnahme:

Mineralische Putze (DIN EN 998)
W ≤ 0,20 kg/(m²·min0,5), umgerechnet
W2 ≤ 1,5 kg/(m²·h0,5)

Kunstharzputze (DIN EN 15824) W3 ≤ 0,1 kg/(m²·h0,5)

Zum Vergleich DIN 18550-1 (mineral. und organ.) w ≤ 0,5 kg/(m²·h0,5)

Zu den europäischen Normanforderungen gibt es folgende Fragen:

  • Warum gelten für mineralische und organische Putze unterschiedliche Anforderungen,
  • Warum werden unterschiedliche Maßeinheiten verwendet,
  • Warum unterschiedliche Bezeichnungen W und W und mit unterschiedlichen Zahlen (2 und 2),
  • Wie sind kunstoffmodifizierte mineralische Putz zu bewerten.

Zu dem oben angeführten Begriff der Beständigkeit gegen das Eindringen von Regenwasser gibt es in der gleichen Norm DIN EN 13914-1 in Abschnitt 6.18 noch den Begriff einer höheren Widerstandsfähigkeit gegen das Eindringen von Regenwasser, wofür ein zweilagiger Unterputz verwendet werden sollte. Das ist noch eine weitere Variante. Somit gibt es folgende Möglichkeiten bei starker Regenbeanspruchung: Entweder ein w- oder W-Wert mit 2 oder 2 – Index oder ein doppelter Unterputz. Je nach gewünschter Beständigkeit oder höherer Widerstandsfähigkeit gegen Regenwasser. Es wäre interessant zu erfahren, welche Überlegungen zu solchen unübersichtlichen Vorschlägen geführt haben.

3.3 Norm oder Lehrbuch?

In Deutschland hat man bisher eine Norm als eine Zusammenstellung von Festlegungen und Maßnahmen betrachtet, die sich an Fachleute wendet. Man setzt dabei voraus, dass diese mit dem jeweiligen Fachbereich vertraut sind und entsprechende Grundkenntnisse besitzen. Deshalb erübrigen sich lehrbuchmäßige Erläuterungen in einer Norm. In den europäischen Putznormen ist das aber anders, wie an zwei Beispielen dargelegt wird.

Abschnitt 6.15, DIN EN 13914, Rissbildung durch den Putzgrund

Normalmörtel und die meisten anderen Putzmörtel haben nur einen geringen Einfluss auf den Wärmedurchgang durch eine übliche Außenwand. Das beruht darauf, dass die Leitfähigkeit des Putzes relativ hoch ist und lediglich eine dünne Schicht aufgebracht wird. Ein solcher Putz kann aber einen leichten Putzgrund trocken halten und seine gute Wärmedämmung aufrechterhalten. (Anmerkung: Letzteres gilt nur für wasserabweisende Putze und nicht generell). Es gibt jedoch Wärmedämmputze und Putzsysteme, die den Anforderungen nach EN 998-1 entsprechen und eine Wärmeleitfähigkeit von ≤ 0,2 W/(m·K) aufweisen. Diese Putze wurden eigens dafür entwickelt, die Wärmedämmung eines Putzgrundes (gemeint ist doch wohl eines Mauerwerks) durch ihre eigene geringe Wärmeleitfähigkeit zu verbessern. Diese Putze werden in firmenspezifischen Werkmörtelsystemen angewendet und weisen dickere Putzlagen auf als Normalmörtel. Wärmedämmputze sollten so eingesetzt werden, dass der Transmissionswärmeverlust durch Wärmebrücken minimiert wird.

Das ist eine Mischung zwischen Lehr- und Werbeschrift und gehört absolut nicht in eine Norm. Außerdem geht es hier nicht nur um Wärmebrücken, wie im letzten Satz erwähnt.

Abschnitt 6.14.4.2, DIN EN 13914, Rissbildung durch den Putzgrund

Die folgenden Rissarten beziehen sich auf und/oder werden von dem Putzgrund/der Konstruktion verursacht:

  1. Einzelne Risse mit einem erkennbaren geradlinigen Verlauf; (warum hier erkennbar?)
  2. Risse mit meist vertikaler oder horizontaler Ausrichtung;
  3. Risse die den Fugenverlauf nachzeichnen;
  4. Vertikale Risse in den Eckbereichen des Mauerwerks, die mit Wanddicken übereinstimmen;
  5. Risse die zwischen Öffnungen im Mauerwerk verlaufen;
  6. Scherrisse;
  7. Diagonale Risse von den Eckbereichen von Mauerwerksöffnungen (einzelne Risse die relativ geradlinig verlaufen.

Wozu diese Aufzählung von Rissnamen ohne weitere Folgerungen. Schließlich sind alles Scherrisse, ob horizontal, vertikal oder diagonal (nicht nur der Riss f) und gehören nicht in eine Putznorm. Allenfals ist ein Hinweis auf die optische oder technische Wirkung oder Schädigung von Putzrissen angebracht.

Durch solche Ausführungen werden Normen übermäßig umfangreich und stören nur die Bedeutung der eigentlichen Normaussagen.

Zusammenfassung und Folgerung

Der Wechsel von nationalen zu internationalen Putznormen hat für wie deutsche Putztechnologie fachlich deutliche Rückschritte gebracht. Insbesondere sind durch wissenschaftliche Untersuchungen fundierte Maßnahmen für Putzregel und Regenschutz nicht berücksichtigt worden. Deshalb wäre es aus deutscher Sicht besser gewesen, bei den nationalen Normen zu verbleiben und diese zu aktualisieren. Da dies nach dem Harmonisierungsabkommen nicht mehr möglich ist, sollte von Deutschland aus die Initiative ergriffen werden, die europäischen Putznormen so zu überarbeiten, dass sie die einzelnen Funktionen, zum Beispiel den Witterungsschutz und Wärmeschutz, heutiger Außenputze korrekt widerspiegeln.

Helmut Künzel

Literaturhinweise

Siehe PDF.

 

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