Folgen Sie uns
1. Januar 2015
Redaktion

Wärmebrücken vermeiden

Mit zunehmender Wärmedämmung von Gebäudeaußenwänden nehmen die ­Wirkungsweise und die Folgeerscheinungen der verbleibenden ­Wärmebrücken zu.
Foto: Bieberstein

Der nachträgliche Vollwärmeschutz führt an bestehenden Gebäuden in der Regel von einem einschaligen Wand­aufbau zu einer zwei- oder mehrschaligen Konstruktion. Die Anforderungen der EnEV führen inzwischen zu zweischaligen Wänden auch im Neubau. Die Kenntnis um die Details entscheidet schließlich über die Qualität der Ausführungen. Der Begriff Thermohaut, als ein »Mantel« um das Gebäude suggeriert vollkommenen Wärmeschutz, ohne Nahtstellen und Löcher. Die Praxis zeigt jedoch ein anderes Bild.
Wärmebrücken treten überall dort auf, wo der homogene Wandaufbau gestört wird. In gedämmten Konstruktionen sind dies überwiegend die Bauwerks­öffnungen und Anschlüsse. Die innen liegenden Bauteiloberflächen kühlen an diesen Stellen überproportional aus. Die Wärmebrücken führen neben Energieverlusten zu Tauwasserbildung und ­dadurch zu einer erheblichen Minderung der Wohnqualität.
Wärmebrückenkataloge, die auf der ­Basis wissenschaftlicher Forschungsprojekte entstanden sind, wie der ­Wärmebrücken-Atlas von Prof. Dr. Gerd Hauser und Horst Stiegel, ­liefern ­Lösungswege und -beispiele für die richtige Ausführung von Dämm-Maßnahmen an solchen Punkten in Bauwerken. Die Beispiele sind im Neubau und auch bei der Nachrüstung praktikabel.
Dieser Beitrag befasst sich mit einigen wesentlichen Aspekten an Bauwerks­öffnungen und Anschlüssen nach ­zusätzlicher Wärmedämmung. Die veränderten Temperaturverhältnisse im Querschnitt einer mehrschaligen Wand, nach dem Aufbringen einer Dämmschicht, innen oder außen liegend, führen auch zu veränderten Wärmeströmen innerhalb der Bauteile.

Der Wandaufbau

Eine Wand aus 24 cm dickem Ziegelmauerwerk (U-Wert = 1,4 W/m2k) hat bei einer Außentemperatur von -10°C und +20°C Raumtemperatur eine Oberflächentemperatur an den innen liegenden Flächen von zirka +14°C. Das hat zur Folge, dass es bereits bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von über 65 ­Prozent zur Kondensation an diesen Flächen kommen kann. (Die Obergrenze des Behaglichkeitswertes der relativen Luftfeuchtigkeit liegt bei 65 Prozent.) Das Potenzial der absoluten Luftfeuchtigkeit verteilt sich dabei auf die ­gesamten Quadratmeter der Außenwandfläche ­eines Raumes. Die punktuelle Feuchtebelastung einer beliebigen Stelle an der innen liegenden Oberfläche ist dadurch relativ gering. Mit dauerhaften Feuchteschäden muss bei diesen ­Werten noch nicht gerechnet werden.
Nach einer zusätzlichen Wärmedämmung des 24 cm dicken Ziegelmauerwerkes mit beispielsweise 5 cm Dämmung liegt die Temperatur der Innenflächen, bei gleichen Parametern der Außen- und Raumtemperatur, bei zirka +18°C. Die mögliche relative Luftfeuchtigkeit bis zur Überschreitung des Taupunkts beträgt nun 95 Prozent. Da dieser Wert in Wohnräumen eher un­typisch ist, kann eine Feuchtebelastung an den innen liegenden Flächen zu-nächst ausgeschlossen werden. Befindet sich innerhalb der gedämmten Wand eine lokal begrenzte und nur geringe Fläche einer Wärmebrücke mit einer Oberflächentemperatur von zum Beispiel +14 °C, wirkt diese Stelle wie eine Schleuse für den Wärmestrom von ­innen nach außen. Die in der Raumluft enthaltene Luftfeuchtigkeit kondensiert nur noch an diesem Punkt. Bei gleichem Potenzial der absoluten Luftfeuchtigkeit, wie im vorangegangenen Beispiel, kommt es zu einer punktuell größeren Feuchtebelastung, weil die wärmeren Wandoberflächen als Kondensationsflächen nicht mehr zur Verfügung ­stehen. Innerhalb des Raumes ist eine relative Luftfeuchtigkeit über 65 Prozent zunächst unproblematisch. An der ­Wärmebrücke käme es allerdings zu ­einem stärkeren Tauwasserausfall. ­Daraus folgt, dass Wärmebrücken an gedämmten Wandquerschnitten schneller zu Feuchteschäden führen können.

Moderne Fensterkonstruktionen

Die Entwicklung der Fensterkonstruktionen hat eine ähnliche Problematik hervorgerufen und soll hier als Beispiel erwähnt sein. Das einfach verglaste Fenster war häufig beschlagen und im Winter nicht selten mit Eisschichten behaftet. Das Tauwasser wurde in einer Rinne im Fensterbrett aufgesammelt, wo es mit einem Tuch aufgenommen und entsorgt werden konnte. Dies war das ursprüngliche Prinzip der Wohn­raumentfeuchtung im Winter. Moderne Fensterkonstruktionen beschlagen nicht mehr, die Luftfeuchtigkeit ist aber nach wie vor vorhanden und schlägt sich an anderen, nun kälteren Stellen, in der Regel an den verbleibenden Wärmebrücken nieder. Der gleiche Zusammenhang ergibt sich auch für hochdämmende Wandbauteile.
Mit der zunehmenden Dämmfähigkeit der Außenbauteile nimmt der prozen­tual anteilige Wärmeverlust an den Wärmebrücken zu. Die konstruktive Vermeidung von »Wärmelöchern« ­gewinnt auch dadurch an Bedeutung.

Bauwerksöffnungen

Im Bereich der Bauwerksöffnungen werden die Leibungsflächen zum ­wesentlichen Faktor. In der Grafik1 sind richtige und falsche Lösungen gegen­übergestellt. An den vertikalen Leibungen ist die Ausführung lediglich von der Rahmenbreite der Bauwerksöffnung abhängig. An besonders schmalen Rahmen werden entweder Spitzarbeiten am Putz der Leibungen oder der Einsatz ­eines höherwertigen Dämmstoffes mit geringerer Materialstärke erforderlich. Der Dämmwert des Stoffes sollte gleich dem der übrigen Dämmschicht sein.

Rollladenkasten

Problematischer gestalten sich die Anschlüsse im Bereich des Fenstersimses oder eines Rollladenkastens. Der Sims muss zur Vermeidung einer Wärmebrücke zunächst ausgebaut werden. Die Dämmung ist dann bis an den Rahmen der Bauwerksöffnung heranzuführen. Dabei können eventuelle Hohlräume unter dem Fenster- oder Türrahmen mit verschlossen werden. Der Sims kann anschließend auf die Dämmung montiert werden.
Der Rollladenkasten muss ebenfalls ­demontiert werden, soweit dies die vorhandene Konstruktion erlaubt. Der Sturz ist sinngemäß zu dämmen. In den Rahmen integrierte Rollladenkästen sind dafür nicht geeignet. Je nach Bauart muss vor Ort nach adäquaten Lösungen gesucht werden. Beim Einbau des Rollladenkastens kann dieser nun um die Dicke der zusätzlichen Dämmschicht nach außen versetzt werden. Der sich daraus ergebende Hohlraum hinter dem Rollladenkasten wird mit einem Dämmstoff-Streifen verfüllt. Der fast immer vorhandene Wärmebrückeneffekt des Rollladenkastens selbst wird damit ­minimiert. Siehe dazu Grafik 2. Der Aufwand mag zunächst unproportional ­erscheinen. Wärmebrücken infolge falscher Ausführungen an diesen ­Details sind tatsächlich unproportional und führen erst recht zu unproportionalen Aufwendungen bei späteren Nachbesserungen.

Anschlussstellen

Anschlüsse von teilweise gedämmten Flächen oder zum Kellergeschoss ­können bei falscher Ausführung zu neuen, erheblich wirksameren Wärmebrücken als vorher führen. Hinter einer Außendämmung ist die Wandtemperatur höher als ohne Dämmung. An den Anschlussstellen treten deshalb Temperaturdifferenzen im Wandquerschnitt zwischen dem gedämmten und dem ungedämmten Bauteil auf. Der Wärmeabfluss vollzieht sich dadurch an den Anschlüssen schneller und hat die Auskühlung der innen liegenden Oberfläche zur Folge – eine Wärmebrücke. Man kann diese Situationen verhindern, indem die Dämmstoff-Schicht über diese kritischen Bereiche hinaus geführt wird. Siehe Grafik 3. Am Flachdach heißt das zum Beispiel, die Attika muss mit eingedämmt werden (siehe Grafik 4). Am Übergang zum Kellergeschoss sollte die Außendämmung zirka 0,5 m bis unterhalb der Unterkante der Kellerdecke verlängert werden.

Die Innendämmung

Bei der Innendämmung ist sinngemäß genauso zu verfahren. Eine innen ­liegende Dämmschicht kann immer nur eine teilweise Dämmung sein. An den Anschlussstellen von Decken, Wänden und Böden treten dadurch größere Temperaturdifferenzen auf. Stärker abgekühlte Bauteile hinter der Innendämmung leiten die Wärme im Bereich der anschließenden Bauteile auch stärker ab, das heißt, eine neue Wärmebrücke entsteht. Der Wärmeabfluss muss ­gegenüber einer Wand ohne Innendämmung nur die Strecke einer Dicke der Dämmschicht in den angrenzenden Bauteilen überwinden (Grafik 5).
Innendämmungen müssen an den Unterbrechungen durch Wände, Decken oder Böden um zirka 1 m in den Raum hinein verlängert werden. Diese Fortführung der Dämmung wirft natürlich gestalterische Probleme auf. Einmal ist eine entsprechende Raumhöhe erforderlich und alle Installationen an der Außenwand wie Steckdosen der Stromversorgung, Antennensteckdosen, Telefonsteckdosen, TV-Kabelanschlussdosen und Lampenanschlüsse müssen even­tuell neu verlegt werden. Versorgungsleitungen (Heizung) hinter der dämmenden Wandschale unterliegen erhöhter Frostgefahr und müssen zusätzlich gedämmt werden. Einfacher erweist sich in der Praxis die Stilllegung und Neuverlegung solcher Leitungen. Zusammenfassend kann die Innendämmung nicht als preiswertere Alternative zur Außendämmung gesehen werden. Die Außendämmung ist einem homogenen Wandaufbau dienlicher. Die Innendämmung hat ihre Berechtigung in ­Gebäuden, wo sich eine Außendämmung rechtlich oder aus denkmalpflegerischen Gründen verbietet.

Fazit

Bei der Behandlung von Feuchte­schäden infolge Wärmebrücken wird in der Praxis zu schnell mit dem Argument der nicht ausreichenden Heizung und Lüftung argumentiert. Richtiges Heizen und Lüften ist der einfachste und preiswerteste Weg zu besseren Raumverhältnissen, aber kein Allheilmittel. Kommt es bei einer Raumtemperatur von +20°C und maximal 65 Prozent ­relativer Luftfeuchtigkeit zu Tauwasserausfall oder Schimmelpilzschäden, kann die beste Beheizung und Lüftung der Räume keine Abhilfe mehr schaffen – eine bauseitige Beseitigung der Wärmebrücken wird erforderlich.

Horst Bieberstein

Literatur

Die Fotos und die Skizzen sind dem Buch: Bieberstein: »Schimmelpilz in Wohnräumen – was tun?« 4. Auflage. Bieberstein Verlag, 2009. ISBN 978-3-927656-12-3 entnommen.

Literatur

Die Fotos und die Skizzen sind dem Buch: Bieberstein: »Schimmelpilz in Wohnräumen – was tun?« 4. Auflage. Bieberstein Verlag, 2009. ISBN 978-3-927656-12-3 entnommen.

Öffnen Schließen
Foto: kuraphoto/AdobeStock_428914080
Schmuckbild
Zurück
Speichern
Nach oben