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1. Januar 2015
Redaktion

Vorsicht - WDVS auf Holzkonstruktion

Sylvia Polleres ist Bereichsleiterin Holzhausbau bei der Holzforschung Austria. Sie ­berichtet über Schäden an Wärmedämmverbundsystemen im Holzhausbau und wie man sie vermeiden kann. Im Fokus sind Quetschfalten, Fenster- und Sockelanschlüsse.
Foto: Polleres

Alleine in Österreich erhalten jährlich 750000 m² Fassaden von Holzhäusern ein Wärmedämm-Verbundsystem ­(WDVS), die meisten mit EPS-, immer mehr auch mit Holzfaser-Dämmung. Auch in Deutschland wird Holz im Zuge des nachhaltigen Bauens wegen seiner geringen grauen Energie für Konstruk­tion und Dämmung gerne eingesetzt. Sylvia Polleres, Bereichsleiterin Holz­hausbau bei der Holzforschung Austria, erforscht die Ausführung von WDVS und deren Anschlüsse auf Holzbauten. Hier kommt es immer wieder zu Schäden.

Quetschfalten

Quetschfalten sind narbenförmige Aufwölbungen in der Putzdeckschicht – meist in horizontaler Richtung und meist über dem Dämmplattenstoß.
Die Gründe sind vielfältig:

  • Setzen/Schwinden der Unterkonstruktion
  • Einbau von Fugen in der Unterkonstruktion
  • Dämmplatten sind nicht ausreichend oder ungeeignet verklebt.

Um zuverlässig vor Schäden zu ­schützen, empfiehlt sich folgendes ­Vorgehen:

  • vollflächig verkleben mittels Zahnspachtel
  • besonders an den auf der Baustelle eingesetzten Geschoßbinden sollte in regel­mäßigen Abständen in den ­oberen und unteren Plattenfugen und in der Mitte der Dämmplatten ver­dübelt werden
  • Einhaltung der vorgeschriebenen Mindestputzdicken
  • weitere präventive Maßnahmen wie der Einsatz von trockenem Holz ­(sollte bei zirka 15 Prozent liegen), die Verwen­dung stehender (Füll)hölzer im Deckenbereich, die Vermeidung von »Luft« in der Konstruktion (Fugen) liegen nicht beim Maler- und Gipsergewerk.

Fensterbankanschlüsse
Fensterbankanschlüsse sind als horizontale Flächen besonders gefährdet. ­Gründe für Schäden sind:

  • Putzabrissfugen an den Endprofilen
  • falsch eingebaute Fugendichtbänder – zum Beispiel mit zu geringem ­Kompressionsgrad
  • offene Fensterrahmennuten/Gewerke­loch. Meist offene Schnittstelle im Eckbereich zwischen Fenster, Fensterbank, Sonnenschutzführungsschiene und Fassade (Leibung)
  • geringere Neigung der Fensterbank als ≥ fünf Grad. Gilt sowohl für die Fensterbank als auch für die darunter angeordnete zweite wasserführende Ebene (Dichtebene).

Um zuverlässig vor Schäden zu schützen:

  • »in sich dichte« Fensterbänke (zum Beispiel geschweißte Profile) mit ­Bewegungsausgleich (zum Beispiel Gleitabschlüsse) einsetzen
  • vorkomprimierte Dichtbänder oder Anschlussprofile verwenden
  • »Gewerklöcher« schließen
  • zweite Dichtebene ausführen
  • unter der Fensterbank keilförmig ­zugeschnittene Dämmplatte einbauen (fünf Grad).

Für die zweite Dichtebene unter der Fensterbank sind Folien bei der Vorfertigung im Werk zu empfehlen. Auf der Baustelle handwerklich besser ausführbar sind Dichtschlämme oder eine Flüssig­abdichtung.

Sockelanschlüsse

Gründe für Schäden an den Sockel­anschlüssen sind:

  • Die Fußschwelle samt WDVS befinden sich auf gleicher Höhe oder sogar ­unterhalb des Geländeniveaus ­(Bedenken anmelden).
  • Undichter Übergang zwischen Außenwand und Betonplatte beziehungsweise Kellerdeckenoberkante (Sockelschiene und Perimeterdämmung).

Um zuverlässig vor Schäden zu schützen:

  • Die Mindestsockelhöhe von zirka 15 cm zum endgültigen Außenniveau ist einzuhalten
  • Die Fuge zwischen Außenwand und ­Kellerdeckenoberkante ist ordnungsgemäß zu verschließen/abzudichten (Achtung: dies ist nur möglich, wenn die letzte Reihe der Perimeterdämmplatten noch nicht angebracht ist!)
  • Spritzwasserschutz im Sockelbereich ist zu beachten (WDVS-Ausführung nach Herstellerangaben).

Kontroverse Diskussion

Bei der Tagung des Internationalen Sachverständigenkreises (ISK) Ende 2011 im Schweizer Thun meldete sich Markus Weißert vom Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade bei einer Diskussion zum Thema zu Wort.
Er riet, bei zu verputzendem WDVS auf Holzbau grundsätzlich Bedenken anzumelden. Denn die Ausführung des Vorgewerks sei nicht abzuschätzen. Bei der Vorfertigung im Werk werde genagelt oder geklammert und die Genauigkeit dabei sei vom ausführenden Handwerker nicht zu bewerten. Er fragte weiter, ob diese Bauweise berufsgerecht sei.
Sylvia Polleres erwiderte, dass dies so nicht gesagt werden könne, denn ­immerhin kämen WDVS-Ausführungen auf Holzbauten seit über 40 Jahren ­erfolgreich zum Einsatz. Der Holzhaus­anteil im Ein- und Zweifamilienhaus­bereich liegt in Österreich bei über 30 Prozent. Im Holzhausbau findet man hinsichtlich der Aufbringung des WDVS unterschiedliche Ausführungsvarianten vor, welche meist durch den Grad der Vorfertigung bestimmt werden. Diese reichen von Wandelementen mit bereits im Werk samt Oberputz fertiggestellten WDVS, über Elemente mit ­armiertem Unterputz, bis hin zu Bau­teilen mit nur aufgebrachten Wärmedämmplatten.

Vorfertigung oder bauseits

Bei industriell vorgefertigten Holz­häusern ist in der Regel der Vorfer­tigungsgrad sehr hoch und es wird ­zumeist der armierte Unterputz bereits im Werk aufgebracht. Auf der Baustelle werden dann hinsichtlich des WDVS nur mehr die Außenwand-Eckverbindungen fertiggestellt und der Deckenbereich­anschluss Erdgeschoss/Obergeschoss geschlossen. Dann wird die gesamte Gebäudehülle mit Oberputz versehen. Fast immer erfolgen diese Arbeiten durch den Fertighaushersteller selbst, das heißt: es gibt hier einen Verantwortlichen. Im gewerblichen Holzhausbau hingegen findet man häufig die ­Situation vor, dass der Zimmerer die klassischen Holzbauarbeiten in seinem Leistungsumfang hat, das heißt: die Roh-Wandelemente.
Das Aufbringen des WDVS liegt in der Verantwortung eines ­anderen Gewerkes, dem des Gipsers/Malers. Es sind somit zwei Gewerke für die Gesamtleistung des WDVS verantwortlich. Für die ordnungsgemäße und (zulassungs)kon­forme Systemumsetzung ist in solchen Fällen eine protokollierte Gewerkeübergabe sinnvoll. Sie dokumentiert: welche Dämmplatte wurde aufgebracht, welches Putzsystem ist zulässig, wie hat die Aufbringung zu erfolgen, ist der ­Untergrund eben und sauber…? Die Kommunikation zwischen den beiden ­Gewerken ist enorm wichtig und ­sollte bereits in der ­Planungsphase mitbedacht werden.

Achim Pilz Fachjournalist

Foto: kuraphoto/AdobeStock_428914080
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