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8. April 2020
Redaktion

Umweltsiegel sichern gesundes Bauen

Siegel für Baustoffe sollen Orientierung bieten. Da sich noch kein Siegel in allen Bereichen des Baus durchgesetzt hat, verwenden viele Hersteller eine Vielzahl von Zertifikaten.


Baustoffe dürfen in eingebautem Zustand nicht gesundheitsschädlich sein. Viele Hersteller lassen ihre Produkte deshalb von verschiedenen Prüfstellen untersuchen und auszeichnen. Doch so vielfältig die Anforderungen an Baustoffe sind, so verschieden sind auch die Siegel mit den dahinterstehenden Prüfkriterien. Ein Überblick. „Unsere Produkte tragen unterschiedliche Umweltsiegel“, sagt Heike von Küstenfeld vom Hersteller Baumit. Je nach Produkt liegen Einfach- bis Mehrfach-Zertifizierungen vor. Hierzu zählen neben dem Blauen Engel das eco-Institut-Label und Emicode. Die beiden Qualitätszeichen stehen für sehr emissionsarm, halten strengste Grenzwerte ein und stehen unter permanenter und unabhängiger Kontrolle.“

Wohngesundheit wird für Bauherren wichtiger und für die Hersteller ein Merkmal, mit dem sie sich differenzieren. Fotos: Caparol, Keim, Sto, Natureplus

EPDs und Label erleichtern Verbrauchern die Orientierung
Außerdem sind Baumit-Produkte mit Umweltproduktdeklarationen  (Environmental Product Declaration, EPD) ausgezeichnet. In einer EPD, wie sie vom Institut für Bauen und Umwelt vergeben wird, werden die wissenschaftlich ermittelten Werte aus der Ökobilanz eines Produktes nach einem einheitlichen Schema zusammengefasst und dokumentiert. Sie bilden eine wichtige Grundlage für die Nachhaltigkeitsbewertung von Bauwerken. Je nach Label wird alle zwei beziehungsweise fünf Jahre von unabhängigen Prüfinstituten geprüft. „Einige wenige Produkte tragen kein Umweltsiegel. Es finden allerdings Bestrebungen statt, auch für diese Produkte eine Label-Zertifizierung vorzunehmen. Unser Ziel ist, zu jedem Produkt aus unserem Produktportfolio ein Umweltlabel vorweisen zu können“, so von Küstenfeld. Beispiele für Produktlabel sind EPD  und eco für die Kalkputze Klima KP 36 W, KlimaLeicht und KlimaSpeed, der „Blaue Enge“ für das Minerwolle-WDVS und das Emicode-Siegel für den SanovaPrimer. Brillux garantiert für seine Produkte im Lack- und Farbenbereich ebenfalls die Einhaltung von Umwelt- und Gesundheitsstandards. Das bestätigen Prüf- und Gütesiegel, unter anderem TÜV Süd und der „Blaue Engel“. Zudem werden eigene Siegel eingesetzt, um auf bestimmte Produkteigenschaften hinzuweisen. Hierunter fallen zum Beispiel „E.L.F.“ (emissionsarm, ­lösemittel- und weichmacherfrei) klassifiziert nach EN 13300, die „Spielzeugrichtlinie“ EN 71-3 (speichel- und handschweißresistent), die Ausweisung der Produkteignung für den „indirekten Lebensmittelkontakt“ oder die Auszeichnung „konservierungsmittelfrei“. So bietet die Vita-Serie von der Spachtelmasse über Tiefgrund und Kleber bis zu Innendispersionen ein Sortiment, mit dem sich der Wandaufbau im Innenbereich konservierungsmittelfrei gestalten lässt. Weitere Brillux-Produkte sind nach dem AgBB-Schema geprüft. AgBB ist der Ausschuss zur Brillux hat zahlreiche Dispersionen im Angebot, die frei sind von Konservierungsmitteln. Foto: Brilluxgesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten, zu dem das Umweltbundesamt zählt. Er hat ein einheitliches Bewertungsschema für Emissionen flüchtiger und schwer flüchtiger organischer Stoffe (VOC) aus Bauprodukten für den Wohnbereich entwickelt (siehe auch ausbau + fassade  3/2020, Seite 32 ff). In unterschiedlichen Zeitintervallen werden Emissionen von leicht flüchtigen, flüchtigen und schwer flüchtigen organischen Verbindungen aus einer Probe gemessen. Bei Caparol stehen Siegel für Innenfarben, die keine Lösemittel und keine Weichmacher enthalten und in Bezug auf Schadstoffe und Emissionen minimiert wurden zur Verfügung. Mit dem Allergiesiegel wird zusätzlich die Verträglichkeit für Allergiker bescheinigt, insbesondere für Personen, die gegen Konservierungsmittel sensibilisiert sind. Der „Blaue Engel“ für Lacke steht für schadstoff- und lösemittelarme Produkte. Bei unabhängigen Labels findet einmal pro Jahr eine Produktprüfung statt. Zusätzlich führt der TÜV Produktionsüberwachungen des Kernsortiments durch. „Dadurch kennen wir die Qualität der Rezepturen und Rohstoffe und können sagen: auch Produkte, die nicht speziell zertifiziert sind, bieten eine hohe Qualität“, sagt Alfred Wassner, verantwortlich für Produktsicherheit bei Caparol. Bei der Kennzeichnung E.L.F. handelt es sich um Siegel für Innenfarben aus dem Hause Caparol. „Diese dienen zur Klassifizierung des Produktsortimentes in bestimmte Qualitäten, ohne dass fremdüberwachte kostenpflichtige Label in Anspruch genommen werden müssen“, erklärt Wassner. Die Einteilungen basieren auf internen Qualitätsprüfungen. Dabei entspricht das E.L.F.-Siegel in etwa den Produkten mit dem bisherigen Blauen Engel oder dem Siegel „TÜV-schadstoffgeprüft“. Das Siegel E.L.F.-plus orientiert sich an den Farben mit dem TÜV-Siegel für Allergiker. Beispiele für Produkte mit Labels bei Caparol sind bei Innenfarben mit dem TÜV-Siegel (schadstoffgeprüft) zum Beispiel Indeko-plus und Malerit, mit dem TÜV-Siegel Allergiker geeignet  zum Beispiel Indeko-plus und IndekoGeo und bei Lacken zum Beispiel Capacryl PU-Satin mit dem Zertifikat „Blauer Engel“. Bei Keimfarben finden ebenfalls zahlreiche Siegel Verwendung. Die diffusionsfähigen Mineralfarben des Herstellers Keimfarben enthalten nur Komponenten, die gesundheitlich unbedenklich sind. Sie sind frei von Konservierungsstoffen, Lösemitteln und Weichmachern.  Bereits 1983 hat Keim eine konservierungsmittelfreie Innenfarbe auf den Markt gebracht.{pborder}

Zeritfikat für Innen- und Fassadenfarben
Kalkputz ist für viele Stuckateure eine Option für Bauherren, die auf Wohngesundheit wert legen. Foto: Sto„Wir haben als erster Hersteller weltweit ein Natureplus-Zertifikat sowohl für Innen- wie auch für Fassadenfarben erhalten“, sagt Bettina Heyne, Bereichsleiterin Marketing & Innovation. Das natureplus-Umweltzeichen bestätigt eine hohe Qualität bezüglich Nachhaltigkeit. Verliehen wird es nur an Bauprodukte aus nachwachsenden oder reichlich vorhandenen mineralischen Rohstoffen. Produkte mit diesem Siegel dürfen keine Schadstoffe enthalten. Sie werden unter Berücksichtigung des Klimaschutzes hergestellt und müssen wiederverwertbar sein. Die Einhaltung der Vorgaben prüfen Labore und Gutachter nach internationalen Standards. Damit ist Natureplus das einzige europäische Umweltlabel mit strengen wissenschaftlichen Kriterien. Keim Farben sind auch für Allergiker geeignet, was das Institut für Umwelt und Gesundheit (IUG), bestätigt. Wandfarben enthalten oft Konservierungsstoffe, so genannte Isothiazolinone. „Unseren Innenfarben werden keine Isothiazolinone zugesetzt, die bei sensiblen Personen allergische Reaktionen auslösen können“, so Heyne. Die Alkalität des Silikatbindemittels mache diesen Verzicht möglich. Seit Jahren tragen Keim-Innenfarben das IUG Gütesiegel „Allergiker-geeignet“. Diese Auszeichnung wird Produkten verliehen, die den Richt- und Orientierungswerten für Allergiker genügen. Das Siegel stellt strengere Anforderungen als der Blaue Engel. Keimfarben bietet auch WDVS mit dem Umweltsiegel „Blauer Engel“ an.  Je nach Zertifikat lässt Keimfarben Produkte in einem dreijährigen bis jährlichen Rhythmus neu prüfen. Beispiele für Produkte mit Siegel bei Keimfarben sind mit dem IUG-Gütesiegel „Allergiker-geeignet“ Ecosil-ME, Mycal-Top und  Biosil, als Innenfarbe Biosil, Innopro, Innosta und Optil.  Die Zertifizierung findet alle drei Jahre statt. Das Umweltzeichen UZ 140 („Blauer ­Engel“) für WDVS mit Mineralwolle-Dämmstoffen  ab 
140 mm Dämmstoffdicke  und die Natureplus-Zertifizierung für die Fassadenfarben Granital,  Soldalit und  Twinstar. Caparol setzt bei Capacryl PU-Satin auf das Siegel „Blauer Engel“. Foto: Caparol

Wachsendes Bedürfnis nach gesundem Wohnen
Das Thema Wohngesundheit hat auch bei Sto einen hohen Stellenwert. Der Hersteller verfügt über ein ökologisch ausgerichtetes Produktportfolio von Farben, Putzen und Lacken für Innenräume, von denen die meisten eine externe Umweltzertifizierung haben. „Damit kommen wir dem wachsenden Bedürfnis nach gesundem Wohnen entgegen“, sagt Andreas Oberle, Produktmanager Innenbeschichtungen bei Sto. Seit den 80er-Jahren werden die Innenprodukte von Sto regelmäßig vom TÜV SÜD hinsichtlich Emissionen, Schadstoffen und Produktion fremdüberwacht. Außerdem werden Innensilikatprodukte zusätzlich natureplus-geprüft. Wandbeläge wie Glasfasergewebe und Akustiksegel tragen das Oeko-Tex-Label, sind also ebenfalls auf Schadstoffe geprüft. Mit dem Siege „Blauer Engel“ sind ausgewählte Produkte und Dämmsysteme von Sto ausgezeichnet. Der Hersteller bietet auch konservierungsmittelfreie Innenprodukte an. „In zahlreichen Innenprodukten verwenden wir keine Konservierungsmittel und kennzeichnen die Produkte mit eigenem Siegel mit knallgelbem Logo“, so Oberle. Konservierungsmittel würden nur im technisch notwendigen Maße eingesetzt und die eingesetzten Stoffe in Datenblättern transparent gemacht. Fremdüberwachungen attestierten, dass auch diese Produkte emissionsarm und auf Schadstoffe geprüft seien.

Auch die Dämmstoffindustrie hat eigene Siegel
Baumit bietet ein breites Spektrum geprüfter baugesunder Produkte an. Foto: BaumitDoch nicht nur Farbenhersteller, auch die Verbände der Dämmstoffindustrie entwickeln eigene Siegel. So hat der Industrieverband Polyurethan-Hartschaum (IVPU)  ein Umweltsiegel mit dem Fraunhoferinstitut (WKI) entwickelt: Das Pure Life Siegel. PU-Dämmstoffe mit diesem Zeichen erfüllen die stofflichen Kriterien und Emissionsanforderungen des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung (WKI) an die Innenraumluft. Unabhängige Institute kontrollieren die Werke der Dämmstoffhersteller. Ein verbandsspezifisches Siegel sei nötig, da der „Blaue Engel“ eine Stoffgruppe, nämlich die der halogenorganischen Stoffe, komplett ausschließe, erklärt Tobias Schellenberger, Geschäftsführer des Verbands IVPU. Polyurethan-Dämmstoffe werden mit halogenfreien Treibmitteln hergestellt. Trotzdem sind PU-Dämmstoffe nicht komplett halogenfrei. Das sage jedoch über seine Gesundheitsverträglichkeit wenig aus, so Schellenberger. „Wenn einige halogenorganische Stoffe gesundheitsschädlich sind, heißt das nicht, dass alle halogenorganischen Stoffe gefährlich sind.“ Die Vorgaben von Pure Life erfüllten die des „Blauen Engels“ und seien teils noch strenger. „Für Formaldehyd ist unser Grenzwert zum Beispiel sechs Mal niedriger als der des Blauen Engels“, sagt Schellenberger. 
 Christine Speckner, freie Journalistin

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