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1. Januar 2015
Redaktion

Regenschutz durch wasserabweisende Außenputze

Wasserabweisende Außenputze haben sich seit mehr als drei Jahrzehnten ­bewährt. Aber ihre Eigenschaften finden in der europäischen Normung keine Berücksichtigung. Darauf weist der Altmeister der Putzforschung, Dr. Helmut Künzel, in einem Exklusivbeitrag hin.
Foto: Reiher, H., Künzel, H.: Vergleichende Untersuchungen an Außenputzen auf verschiedenen Wandmaterialien. Wärme- und Feuchteschutz in Wohnbauten. Bericht über die ­Versuchszeit von 1956 – 1959. W. Ernst & Sohn Berlin, 1960

Die Vorgeschichte

Im 19. Jahrhundert und früher wurden die Gebäudeaußenwände mehrheitlich aus Vollziegeln hergestellt. Balkentragende Wände mussten mindestens 1½ Stein dick sein. Bei höheren Gebäuden war die Wanddicke von der Gebäudehöhe abhängig und variierte von Stockwerk zu Stockwerk [1]. Der Regenschutz der Wände war dabei nicht allein von den Eigenschaften des Außenputzes abhängig, sondern wurde auch durch die Vertikalfugen der im Verband verlegten Mauersteine beeinflusst (Läufer- und Binder-Verband). Der Übergangswiderstand zwischen Stein und Mörtel reduzierte den Transport von Regenfeuchte in das Mauerwerk, je größer die Wanddicke war. Dies wird durch Messungen an Außenwänden zweier Versuchshäuser in der Freiland-Versuchsstelle Holzkirchen des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) durch die Bilder 1 und 2 bestätigt [2]. Der Regenschutz war daher in jener Zeit der Vollsteinwände in der Regel kein Problem. Er wurde im Wesentlichen durch die aus statischen Gründen erforderliche Wanddicke gelöst. Bei dünneren Wänden oder Fachwerkwänden wurden bei stärkerer Regenbeanspruchung Wetterschutzbekleidungen angebracht.
Die Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Wohnungsnot war neben der zunehmenden Industrialisierung und dem Zuzug in die Städte auch durch Transportprobleme für die Baustoffe bedingt. Durch leichtere Baustoffe und andere Wandkonstruktionen wollte man dem begegnen. So entstanden Lochziegel und Leichtbetonsteine und statt Massiv­wänden baute man Wände mit ein oder zwei Luftschichten zur Einsparung schwerer Vollsteine [1] – »Sparwände« nannte man diese.
Mit dem Verputzen von Vollziegelmauerwerk hatte man früher Erfahrung: Der Ziegel schwindet nicht und seine Saugfähigkeit ermöglicht eine rasche Anfangsverfestigung des aufgetragenen Mörtels, andererseits aber auch eine günstige Feuchterückführung an den Putz mit dessen zunehmender Trocknung. Der Ziegel »reguliert« gewissermaßen den Feuchtehaushalt des aufgetragenen Putzes in günstiger Weise. Beim Verputzen von Außenwänden aus Bims- und Schlackenbetonsteinen – insbesondere aus größeren Blocksteinen – entstanden hingegen nicht selten Putzrisse. Man hat damals viel darauf gesetzt, durch geeignete Sieblinien des Sandes die Qualität des Putzmörtels entsprechend zu verbessern und auf Anregung von Professor Graf (MPA Stuttgart) wurden in den 1940er-Jahren die in den einzelnen Landesteilen Deutschlands üblichen Putzausführungen er­fasst, worüber Kaufmann 1950 berichtet hat [3]. Ähnliche Ermittlungen wurden später im Auftrag des Wohnungs­bau­mi­nisteriums Mitte der 1950er-Jahre vorgenommen, über die Piepenburg berichtet hat [4].
Als nach dem Krieg in der Freilandversuchsstelle Holzkirchen des IBP 26 Versuchshäuser aus unterschiedlichen Wandbaustoffen errichtet worden waren, alle außen mit dem gleichen Kalkzementputz versehen, stellte sich die Frage nach dem jeweils »geeigneten« Putz für die verschiedenen Putzgründe. Insbesondere ergaben diese Unter­suchungen, dass der Regenschutz von 1-Stein dicken Außenwänden (Blocksteine) bei der extremen Witterungsbeanspruchung auf dem Versuchsgelände im Alpenvorland nicht ausreichend war [2]. Diese Feststellung veranlasste in der Folgezeit eingehende Untersuchungen zur Frage des Regenschutzes von Außenputzen, insbesondere über die Wirkung eines Zusatzes von Hydrophobierungsmitteln und führte schließlich zur Festlegung von Kriterien für »wasserabweisende Außenputze«, die 1981 in die Wärmeschutznorm DIN 4108 und 1985 in die Putznorm DIN 18550 aufgenommen worden waren.

Beurteilung der Regenschutzwirkung von Putzen

Um die Auswirkung von Außenputzen auf verschiedenen Mauerwerksarten bei natürlicher Bewitterung zu erfassen, wurden parallel zu Untersuchungen an den genannten Versuchshäusern Untersuchungen an Mauerproben mit den Flächenabmessungen 50 cm x 50 cm hergestellt und in einem Versuchsstand der natürlichen Bewitterung ausgesetzt [5] (Bild 3). Feuchteänderungen der Mauerproben wurden durch zeitweiliges Wiegen der Proben ermittelt. Diese 1956 eingeführte Untersuchungsmethode hat sich gut bewährt, da sie zerstörungsfrei Feuchteänderungen der jeweiligen Proben von Mauerwerk und Putz beliebig oft ermöglicht und kam in den folgenden Jahrzehnten an vielen Putz- und Mauerarten und auch an Fachwerkausführungen zur Anwendung. Ein Beispiel von Ergebnissen wird durch Bild 4 demonstriert, das erkennen lässt, wie sich unterschiedliche Mengen des Hydrophobierungsmittels auf den Feuchteverlauf auswirken.
Bei genauer Betrachtung der Feuchteverläufe in Bild 4 wird der Grund für ­eine langfristige Zunahme der Mauerfeuchte erkennbar, nämlich wenn in ­einer Regenperiode mehr Feuchtigkeit aufgenommen als in der folgenden Trocknungsperiode wieder abgegeben wird. Dies zeigen zum Beispiel die Feuchteänderungen im Februar: Ohne Zusatzmittel ist die Zunahme größer als die folgende Abnahme; dies gilt auch für die Fälle mit Zusatzmittel von 1,5 Prozent und 3 Prozent, allerdings mit geringeren Feuchteänderungen. Erst bei einer Zusatzmenge von 5 Prozent ist die Feuchtezunahme kleiner als die folgende Abnahme, weshalb in diesem Fall trotz der intensiven Beregnung eine Trocknung der zunächst vorhandenen Baufeuchte möglich war. Dies zeigt gleichzeitig, wie wichtig die Dosierung des Zusatzmittels ist und dass bestimmte angestrebte Putzeigenschaften nur durch exakte Mischung der Mörtelkomponenten zu erzielen sind, wie es durch Herstellung in Mörtelwerken möglich ist (Werkmörtel).
Wie aus Bild 4 hervorgeht, hängt die Wandfeuchte langfristig von der Wasseraufnahme bei Beregnung und der anschließenden Trocknungsmöglichkeit ab. Dafür sind näherungsweise die folgenden Vorgänge und dafür geltende Kennwerte bestimmend:

  • Wasseraufnahme bei Beregnung: Die kapillare Wasseraufnahme des Putzes bei Kontakt mit flüssigem Wasser wird durch den Wasseraufnahme­koeffizienten w [kg/m²·h0,5] beschrieben. Die kapillare Weiterleitung aus dem feuchten Putz in das angren­zende Mauerwerk hängt von dessen ­spezifischer Eigenschaft ab, die aber in diesem Fall als sekundär bezeichnet werden kann. In erster Linie ist die Wasseraufnahme des Außenputzes maßgebend, wobei nach Bild 4 für ­einen guten Regenschutz insbesondere hydrophobe Putze in Frage kommen.
  • Wasserabgabe bei Trocknung: Nach Trocknung der benetzten Putzoberfläche setzt ein Feuchtetransport vom feuchten Putz und angrenzenden Mauerwerk ein, der von deren feuchtetechnischen Kapillareigenschaften und Dampfdiffusion abhängen. Wenn der Außenputz eine geringe kapillare Leitfähigkeit besitzt (hydrophob), dann hängt die Trocknung des Mauerwerks in erster Linie von der Wasserdampfdurchlässigkeit des Putzes ab, ausgedrückt durch die diffusionsäquivalente Luftschichtdicke sd [m] des Putzes.

Umfangreiche Untersuchungen der in Bild 4 beschriebenen Art und Messung der w- und sd-Werte der Außenputze führten zu Anforderung für den Regenschutz von Putzen bei starker Regenbeanspruchung, die in die oben genannten Normen aufgenommen worden sind. Ein Außenputz wird als »wasserabweisend« bezeichnet, wenn zwischen der Wasseraufnahme w und der Trocknungsmöglichkeit sd des Putzes die Beziehung erfüllt ist:

w · sd  ≤  0,2 kg/m·h0,5

mit den zusätzlichen Randbedingungen: w ≤ 0,5 kg/m²·h0,5 und  sd ≤ 2,0 m.
Die Begrenzung dieser Messgrößen erfolgt aus folgenden Überlegungen:

  • w ≤ 0,5 kg/m²·h0,5:

Der Wasseraufnahmekoeffizient soll diesen Wert nicht überschreiten, auch wenn die Trocknung langfristig gesichert wäre, um eine kurzfristige Feuchteerhöhung zu begrenzen (Minderung der Wärmedämmung durch erhöhte Feuchte).

  • sd ≤ 2,0 m:

Der Wert soll begrenzt sein, auch wenn der w-Wert sehr klein ist, um stärkere Feuchteerhöhungen im Bereich von möglichen Fehlstellen im Putz zu vermeiden.
Dies bedeutet Folgendes: Bei großer Wasseraufnahme muss eine entsprechend gute Trocknungsmöglichkeit gegeben sein (kleiner sd-Wert) und bei geringer Wasseraufnahme darf der sd-Wert größer sein. Da die Witterungsverhältnisse auf dem Versuchsgelände bei Holzkirchen im Vergleich zu anderen Orten in Deutschland nachweislich im »extremen Bereich« liegen, können diese Ergebnisse allgemein als zutreffend bei starker Schlagregen-Beanspruchung in Deutschland gelten.

Bewährung von wasserabweisenden Außenputzen

Wasserabweisende Außenputze nach den beschriebenen Anforderungen haben sich seit mehr als drei Jahrzehnten bewährt, denn sie wurden schon vor der Aufnahme in die Normen erprobt. Ein Beispiel zeigt Bild 5. Nach DIN 4108-3 sind wasserabweisende Putze für Beanspruchungsgruppe III (starke Schlagregenbeanspruchung) geeignet und somit in ihrer Wirkung gleichzusetzen mit hinterlüfteten Außenwandbekleidungen. Das ist ein großer Erfolg der Entwicklung und der Forschung. Seitdem sieht man an klimatisch exponierten Neubauten kaum mehr Regenschutzbekleidungen, die in den 50er- und 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts häufig nach­träglich bei Wohnbauten erforderlich waren, weil sich der Regenschutz des verwendeten Putzes als nicht ausreichend erwiesen hatte.

Europäische Normung

In der 2003 veröffentlichten europäischen Putznorm DIN EN 998-1 »Festlegungen für Mörtel im Mauerwerksbau« erscheint der Begriff »wasserabweisender Außenputz« nicht. Es werden dort lediglich in Tabelle 1 drei Kennwerte zur »Klassifizierung der Eigenschaften von Festmörteln« aufgeführt und zwar in der ungewöhnlichen Dimension [kg/m²·min0,5], die im Folgenden in die gebräuchliche Dimension [kg/m²·h0,5] umgerechnet sind (Auszug aus der DIN im Kasten unten).
In der europäischen Norm wird nicht angegeben, zu welchem Zweck die Klassifizierung aufgestellt worden ist. Völlig ungewöhnlich ist es, als Zeiteinheit die Minute (min) zu wählen. Allgemein wird entweder die Stunde (h) oder die Sekunde (s) als Zeiteinheit verwendet. Eine Normenprüfstelle – falls es das bei der europäischen Normung gibt – hätte solche Abweichungen monieren sollen.
Um in der Bundesrepublik die eingeführten Festlegungen zum Putz normativ zu erhalten, wurde 2005 die Vor­norm DIN V 18550 verabschiedet mit den bewährten Angaben aus der alten DIN 18550-1. Als Vornorm muss diese aber in eine endgültige Norm übergeführt werden, das bedeutet wohl in eine allgemein gültige Euronorm. Es ist dann zu entscheiden, ob unsere bewährten Anforderungen an wasserabweisende Putze übernommen werden oder die obigen c-Werte aus der europäischen Norm, deren Bedeutung und Anwendung aber bisher nicht begründet worden sind.

Folgerung und Warnung

Bereits jetzt gibt es Irritationen hinsichtlich der Eigenschaftsangabe und der Bewertung von Außenputzen: In Datenblättern von deutschen Putzherstellern ist zu finden: »Wasseraufnahme: W 2 nach EN 998-1, wasserabweisend«.
Dies ist nicht richtig, denn in der genannten Euronorm erscheint das Prädikat »wasserabweisend« nicht. Es mag sein, dass der zahlenmäßige Anforderungswert für W 2, nämlich 0,2 kg/m²·min0,5, zu diesem Irrtum verleitet, wenn man nicht die Dimensionen nach dem Schrägstrich beachtet. Der Zahlenwert 0,2 ist kleiner als nach DIN V 18550 mit ≤ 0,5 kg/m²·h0,5, aber die Zeitdimension nach dem Schrägstrich ist eine andere! Diesen kleinen aber entscheidenden Unterschied sollten Mörtelhersteller und Verbraucher beachten.
Die deutsche Mörtelindustrie beziehungsweise der nationale Normungsausschuss muss durchsetzen, dass die deutschen Anforderungen in die europäische Norm übernommen werden. Denn ein Putz nach der Eigenschaft W 2 der europäischen Norm ist nur wenig besser als ein »wasserhemmender« Putz unserer Definition und würde keineswegs in der Regenschutzwirkung dem entsprechen, was bei uns bisher üblich ist und sich bewährt hat. Der große Gewinn von jahrzehntelangen Bemühungen, den Regenschutz von wasserabweisenden Außenputzen dem Regenschutz einer hinterlüfteten Außen­bekleidung gleichzusetzen, darf nicht verspielt werden!

W. Ernst & Sohn Berlin, 1960

Literaturhinweise
  • [1] Ahnert, R., Krause, K.H.: Typische Baukonstruktionen von 1860 bis 1960. Verlag Bauwesen, Berlin1991.
  • [2] Reiher, H. et al.: Wärme- und Feuchtigkeitsschutz in Wohnbauten. Bericht über die Versuchszeit 1952 – 1956. W. Ernst & Sohn, Berlin 1958.
  • [3] Kaufmann, F.: Außenputz für Massiv­wände, Richtlinien und Erläuterungen für die Ausführung. Bauverlag Wiesbaden 1950.
  • [4] Piepenburg, W.: Entstehen und Verhalten ortsüblicher Außenputze. ­Berichte aus der Bauforschung, Heft 29 (1966), Verlag Ernst & Sohn ­Berlin.
  • [5] Reiher, H., Künzel, H.: Vergleichende Untersuchungen an Außenputzen auf verschiedenen Wandmaterialien. Wärme- und Feuchteschutz in Wohnbauten. Bericht über die ­Versuchszeit von 1956 – 1959
Literaturhinweise
  • [1] Ahnert, R., Krause, K.H.: Typische Baukonstruktionen von 1860 bis 1960. Verlag Bauwesen, Berlin1991.
  • [2] Reiher, H. et al.: Wärme- und Feuchtigkeitsschutz in Wohnbauten. Bericht über die Versuchszeit 1952 – 1956. W. Ernst & Sohn, Berlin 1958.
  • [3] Kaufmann, F.: Außenputz für Massiv­wände, Richtlinien und Erläuterungen für die Ausführung. Bauverlag Wiesbaden 1950.
  • [4] Piepenburg, W.: Entstehen und Verhalten ortsüblicher Außenputze. ­Berichte aus der Bauforschung, Heft 29 (1966), Verlag Ernst & Sohn ­Berlin.
  • [5] Reiher, H., Künzel, H.: Vergleichende Untersuchungen an Außenputzen auf verschiedenen Wandmaterialien. Wärme- und Feuchteschutz in Wohnbauten. Bericht über die ­Versuchszeit von 1956 – 1959
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Foto: kuraphoto/AdobeStock_428914080
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