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8. Dezember 2022
Redaktion

In der kalten Jahreszeit wohngesund leben

Steigende Energiepreise aufgrund des Krieges in der Ukraine sorgen dafür, dass viele Mieter ihre Heizungen deutlich herunterdrehen werden. Auch wenn ein Pullover hilft, den Körper warm zu halten, muss auch an die Wände gedacht werden. Der Bundesverband Schimmelpilzsanierung e.V. erläutert wie Schimmel vermieden wird.


Foto: Heiko Küverling /Adobe Stock

Der Bundesverband Schimmelpilzsanierung befürchtet vermehrte Schimmelschäden nach einem Winter mit niedrigeren Raumtemperaturen. Viele Menschen werden, ungeachtet ihrer finanziellen Situation, die persönliche Wohlfühltemperatur verlassen. Doch wie kalt darf es in Innenräumen werden, ohne zu schimmeln? Der Bundesverband hat dieses hochaktuelle Thema im September 2022 auf dem BSS Schimmelkonvent behandelt und ein Merkblatt mit Tipps und Faustregeln zum Heizen und Lüften herausgebracht.

Damit sowohl Eigentümer als auch Mieter gut gewappnet in einen Winter mit niedrigeren Raumtemperaturen gehen, reicht es nicht aus, einen warmen Pullover anzuziehen. Es ist auch nötig, grundlegende physikalische Zusammenhänge zwischen Heizen und Lüften zu kennen. Damit durch die kühleren Temperaturen die Bausubstanz nicht leidet, könne mehr gelüftet werden, wird empfohlen. Über die Gefahr vermehrter Schimmelbildung redet an dieser Stelle noch niemand. Die Notwendigkeit eines strategischen, also dem Nutzerverhalten angepassten Lüftens bleibt bislang unerwähnt.

Damit kein Schimmel blüht – eine differenzierte Betrachtung

Meist werden von Fachleuten Mindesttemperaturen empfohlen und konkrete Angaben zu Lüftungszeiten und den Lüftungsintervallen gemacht. Die Experten des BSS gehen einen anderen Weg und überlassen den Betroffenen die Entscheidung, ob und wie stark Räume zu heizen sind. Die BSS-Experten Stefan Betz, Robert Kussauer, Dr. Wolfgang Lorenz und Dr. Christoph Trautmann haben in einem Merkblatt die wichtigsten Tipps zusammengestellt, wie man die bei der Nutzung von Innenräumen freigesetzte Feuchtemenge reduzieren kann und Räume situationsabhängig lüftet. Durch gezielte Messungen mit Hygrometern lässt sich der erforderliche Aufwand zum Heizen und Lüften schnell und effektiv kontrollieren.

{pborder}Grundsätzliches zum Schimmel

Schimmelpilze benötigen für ihr Wachstum Feuchtigkeit (eine relative Feuchtigkeit von 80 % ist bereits ausreichend) und Nährstoffe, z.B. in Form von Staub, Zellulose oder sonstigen Ablagerungen. Schimmelpilze wachsen nicht nur sichtbar, sondern auch versteckt z.B. hinter Tapeten. Bei porösen Materialien (z.B. Putz, Holzwerkstoffe) kann ein Schimmelwachstum auch im Material stattfinden. Schimmel ist eine Bezeichnung für das Wachstum von Schimmelpilzen, Hefen und/oder Bakterien. Häufig wird ein Schimmelwachstum von Bakterien begleitet.

Erhöhte relative Feuchtigkeit

Der ausschlaggebende Faktor für die Entwicklung von Schimmel ist immer eine ausreichend hohe relative Feuchtigkeit. Je länger die Feuchtigkeit auf die Oberflächen oder in die Materialien einwirkt, desto höher ist das Risiko eines Befalls. Warme Luft ist in der Lage mehr Feuchtigkeit aufnehmen zu können als kalte Luft. Die jeweils aktuelle Wasserdampfmenge in der Luft kann als absolute Feuchte (in g/m³ Luft) oder als relative Feuchte (in%) dargestellt werden. Bei der relativen Feuchte wird der Prozentanteil des maximalen Feuchtegehalts wiedergegeben. Wenn Luft an einer kalten Oberfläche abkühlt, bleibt bis zum Kondensationspunkt die absolute Feuchtigkeit gleich, aber durch die Abnahme des möglichen maximalen Wassergehaltes kommt es zu einer Erhöhung der relativen Feuchtigkeit. Die Luft wird dadurch relativ feuchter und ggf. wird eine kritische Feuchte überschritten, die ein Schimmelwachstum ermöglicht.

Schimmelwachstum vermeiden

Es sollte darauf geachtet werden, dass die relative Raumluftfeuchtigkeit bei Außentemperaturen unter 10°C die ganze Zeit deutlich unter 50 % liegt. Im Alltag entsteht Feuchtigkeit bei der Nutzung der Wohnung durch Kochen, Duschen, Trocknen der Wäsche, Zimmerpflanzen, Aquarien, bei der Atmung oder durch Schwitzen nach sportlicher Aktivität. Zur Vermeidung von Schimmelbefall ist es erforderlich, die Wohnräume ausreichend zu beheizen und zu lüften. Durch die in der aktuellen Energiepreiskrise verordnete Reduzierung der Heizung zur Energieeinsparung ist besonders auf eine ausreichende Lüftung zu achten.

Bei Schimmelschäden braucht es häufig eine kompetente Fachberatung. Foto: Karin & Uwe Annas/Adobe Stock

Reduzierung der Feuchtigkeitsfreisetzung

Ein 4-Personen-Haushalt setzt durch Duschen, Schlafen, Kochen rund einen Eimer Wasser pro Tag frei. Ein einfacher Merksatz lautet: Kurze Wege wählen und die Feuchtigkeit dort entsorgen, wo sie entsteht. Nachfolgend werden Möglichkeiten aufgezeigt, die zur Reduzierung der Luftfeuchtigkeit und somit zur Vermeidung von Schimmelbefall beitragen.

Im Badezimmer

  • Türen zu benachbarten Räumen beim Baden/Duschen/Waschen verschlossen halten
  • Feuchtigkeit nach dem Baden/Duschen/Waschen auf den Oberflächen entfernen (Wasser von Fugen und Fliesen abziehen oder wegwischen)
  • Die freigesetzte hohe Luftfeuchte auf kurzem Weg nach außen lüften (Stoßlüftung)
  • Wenn kein Fenster vorhanden ist: Technische Lüftung (Ventilator) auf Funktion prüfen und regelmäßig Filter säubern/austauschen
  • Keine tropfnassen Textilien im Raum belassen, Waschlappen und Handtücher auswringen
  • Duschvorhänge abtrocknen, Textilvorhänge vermeiden
  • Auf Topfpflanzen in Feuchträumen verzichten

In der Küche

  • Beim Kochen und Backen Türen geschlossen halten
  • Wenn Dampf entsteht:
    – Deckel auf Pfannen und Töpfe legen
    – Bei vorhandener Abzugshaube mit Abfuhr nach außen diese einschalten und Fenster in Kippstellung öffnen
  • Wenn keine Abzugshaube oder nur eine Umlufthaube vorhanden ist ausreichend Stoßlüften und Kondensatbildung abwischen
  • Vorhandene Spülmaschinen nach Betrieb nicht ankippen, sonst strömt warmer Wasserdampf aus der Maschine in den Raum und an kalte Bauteile
  • Lüftungsgitter in Sockelblenden/Arbeitsplatte einbauen, kann die Luftzirkulation verbessern

Im Schlafzimmer

  • Nach dem Aufstehen umgehend Lüften
  • Bettwäsche aufschlagen, damit Feuchte ausdiffundieren kann, auch aus den Matratzen
  • Heizkörper über Tag nicht vollständig abdrehen, vor dem Schlafengehen nicht kurzzeitig und schnell aufheizen
  • Für eine Grundtemperatur sorgen (Raum nicht auskühlen lassen)
  • Vor dem Schlafengehen nochmalige Lüftung
  • Türen zu benachbarten Räumen in der kühleren Jahreszeit aufgrund der in der Regel kühleren Raumtemperatur geschlossen halten
  • Voluminöse Möbel nicht vor Außenwände stellen, wenn unvermeidbar mit Abstand aufstellen und allseitig Luftzirkulation ermöglichen

In den Wohnräumen

  • Stoßlüftung vor dem Schlafengehen/nach dem Aufstehen durchführen
  • Mehrere geöffnete Fenster verkürzen die Lüftungsdauer
  • Kontinuierlich alle Fenster zur Feuchteabfuhr nutzen, ggf. im Wechsel, um überall Luftbewegung zu erzeugen
  • Topfpflanzen regelmäßig auf stehendes Wasser, verschimmelte Erde prüfen

Wäsche trocknen in der Wohnung

Beim Wäschetrocknen wird sehr viel Feuchtigkeit freigesetzt. Ein Wäscheständer mit feuchter Wäsche kann 8 Liter Wasser an die Raumluft abgeben. Daher sollte die Wäsche möglichst außerhalb der Wohnung getrocknet werden (Waschkeller, Balkon, Terrasse).

Wenn keine Möglichkeit besteht, die Wäsche außerhalb der Wohnung zu trocknen, sollte der „Trocknungsraum“ zumindest leicht beheizbar sein, aber auch stark gelüftet werden.
Wer nach der Freisetzung der Feuchtigkeit wertvolle Zeit verstreichen lässt und erst später lüftet, erreicht oft keinen ausreichenden Effekt. Wände, Möbel und Stoffe nehmen dann die Feuchtigkeit aus der Raumluft auf und geben sie später nur langsam an die Raumluft ab. Dies führt zu einer lang anhaltenden erhöhten Luftfeuchtigkeit. Wird regelmäßig nicht ausreichend intensiv gelüftet, kann es zum Schimmelbefall kommen.

Auch ungenutzte Räume müssen gelüftet werden. In Wohnhäusern gibt es im Winter einen thermischen Effekt, der dazu führt, dass die Luft nach oben strömt. Wird mit dieser Luft erhöhte Feuchtigkeit transportiert, kann es in weniger beheizten Räumen (z.B. in oberen Etagen oder Schlafzimmern) zu einer Schimmelbildung durch den Eintrag erhöhter Feuchtigkeit kommen.

Kontrolle der Feuchtigkeit

Die erforderliche Lüftungsdauer ist von der Dauer des Austausches der Raumluft mit der Außenluft abhängig. Dieser Austausch wird wesentlich von der Temperaturdifferenz der Innen- und Außenluft und der Differenz der Luftfeuchtigkeit beeinflusst, sowie dem Winddruck.

Zur Kontrolle der Raumluftfeuchtigkeit empfiehlt es sich, elektronische Hygrometer in kritischen Bereichen aufzustellen. Die kritischen Stellen mit Risiko für Schimmelbefall sind die kältesten Stellen. Dies sind häufig die Außenwände oder -ecken der Räume mit der geringsten Raumlufttemperatur (meist das Schlafzimmer) und der am stärksten mit Feuchtigkeit belasteten Räume (Bad, Küche, Raum, in dem Wäsche getrocknet wird). In diesen Bereichen sollte die Feuchtigkeit deutlich unter 80 % relative Feuchtigkeit liegen. Zu empfehlen sind maximal 60 % relative Feuchtigkeit und zwar dauerhaft.

Bei einer Raumlufttemperatur von 20°C sollte die relative Luftfeuchtigkeit max. 50 % betragen. Im Winter, wenn die Außenluft aufgrund der geringen Temperaturen nur geringe Wassermengen enthält sind im Innenraum relative Feuchten zwischen 30 %–40 % üblich. Auch wenn bei dieser Luftfeuchtigkeit bereits Probleme mit trockener Haut auftreten können sollte auf eine Luftbefeuchtung verzichtet werden.

Technische Lösungen

Lüftungsanlagen (dezentral oder zentral) transportieren feuchte Luft direkt ins Freie und verhindern, dass feuchte Luft in andere Räume gelangt. Solche Anlagen reduzieren das Risiko der Schimmelbildung wesentlich. Diese Anlagen sollten mit einem Feuchtesensor gesteuert sein.

Angela Berg

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Foto: kuraphoto/AdobeStock_428914080
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