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3. Dezember 2021
Redaktion

Fehler bei der Innendämmung – und wie man sie vermeidet

Innendämmungen gelten in der Regel als letzte Option zur Dämmung der Gebäudehülle und kommen dann zum Einsatz, wenn Kern- oder Außendämmungen nicht möglich sind. Zwar werden Innendämmungen schon seit mehr als 100 Jahren erfolgreich eingesetzt und somit länger als Wärmedämmverbundsysteme und Vorhangfassaden, jedoch bleibt eine große Skepsis an der Zuverlässigkeit dieser Maßnahme. 
Foto: Arnold Drewer

Befürchtet werden Bauschäden, die sich durch eine sorgfältige Planung und Umsetzung jedoch vermeiden lassen.

 
Feuchtigkeitsprobleme durch Tauwasserproblematik …
Die größte Sorge bei Innendämmungen sind Feuchtigkeitsprobleme, auch beschrieben durch die Tauwasserproblematik. Generell ist ein Eintrag von Feuchtigkeit in die Außenwand von außen oder innen nicht vermeidbar und stellt auch meist kein Problem dar. Ohne Dämmung kann die Feuchtigkeit in beide Richtungen (nach innen und außen) austrocknen. Eine Innendämmung kann jedoch den Trocknungsverlauf gravierend beeinflussen:
  • Durch eine Innendämmung wird die Temperatur der Außenwand abgesenkt (außer im Sommer). Dadurch sinkt die Temperatur zwischen Außenwand und Innendämmung im Winter unter den Taupunkt der Raumluft. Materialabhängig diffundiert die Feuchtigkeit aus der Raumluft durch den Dämmstoff und kondensiert an der Grenzschicht zwischen Dämmstoff und Außenwand.
  • Materialabhängig reduzieren oder behindern Innendämmungen eine Austrocknung der angesammelten Feuchtigkeit Richtung Innenraum.
  • Zugleich wird durch die Temperaturabsenkung in der Außenwand die Trocknung nach außen zusätzlich verlangsamt.
Folgen sind Feuchtigkeitsansammlungen, resultierend in Schimmelbildung. Jedoch wird die Tauwasserproblematik durch bestimmte Faktoren begünstigt und kann entsprechend vermieden werden:
 
… begünstigt durch den falschen Dämmstoff
Während die Absenkung der Temperatur der Außenwand eine Folge einer wirkungsvollen Innendämmung ist und daher nicht vom Dämmmaterial, sondern vom erreichten Dämmwert abhängt, wird der Feuchtigkeitstransport zwischen der Grenzschicht Dämmstoff/Außenwand und Innenraum in beide Richtungen durch die Wahl des Dämmstoffes bzw. des Innendämmsystems bestimmt. Relevant sind in diesem Zusammenhang die Eigenschaften Kapillaraktivität und Diffusionsverhalten:
 
  1. Kapillaraktive, diffusionsoffene Innendämmsysteme (Holzweichfaser, Multipor, Hanf, Zellulose): Diese Materialien können evtl. anfallendes Tauwasser kapillar aufnehmen, großflächig verteilen und in den Innenraum abgeben. Ein Transport der Feuchtigkeit in beide Richtungen ist gewährleistet. Daher ist keine Dampfbremse erforderlich. Diese Variante gilt insgesamt als unproblematisch.
  2. Nicht kapillaraktive, diffusionsoffene Dämmstoffe (z. B. Polystyrol, Mineralwolle): Wasserdampf kann aus dem Innenraum hinter den Dämmstoff gelangen, dort kondensieren und aufgrund der hydrophoben Eigenschaften der Dämmstoffe nicht Richtung Innenraum transportiert werden. Daher muss raumseitig eine moderate Dampfbremse aufgebracht werden. Beachtet werden muss dabei, dass die Dampfbremse nicht beschädigt werden darf (beispielsweise durch Nägel, Schrauben etc.) 
  3. Nicht kapillaraktive, nicht diffusionsoffene Dämmstoffe (z. B. Vakuumdämmplatten): Theoretisch wird der Feuchtigkeitstransport zwischen Innenluft und Außenwand in beide Richtungen vollständig unterbunden. Dies macht jedoch eine einwandfreie Verlegung erforderlich.{pborder}
 
Vollflächiges Aufbringen des Klebers auf einer Dämmplatte, Vermeidung von Hohlräumen zwischen Dämmstoff und Wand. Foto: Arnold Drewer
 
Innendämmung im „Compact-spray-on“-Verfahren mit einem Zellulosedämmstoff. Foto: Arnold Drewer
 
… verstärkt durch Mängel an der Gebäudekonstruktion
Feuchtigkeit in der Wand ist nicht nur ein Resultat von Dampfdiffusion aus dem Wohnraum. Auch Mängel an der Gebäudekonstruktion können diese begünstigen, beispielsweise wenn die Außenwände aufgrund von Starkregen oder aufsteigender Grundfeuchte viel Feuchtigkeit aufnehmen. Ohne Innendämmungen würde zumindest ein Teil der Feuchtigkeit Richtung Innenraum austrocknen. Ist also bekannt, dass es regelmäßig zu Starkregen kommt und kein relevanter Schutz vorliegt bzw. ein Problem mit aufsteigender Grundfeuchte vorliegt, ist auch hier eine diffusionsoffene Dämmung empfehlenswert, da eine Trocknung nach innen nicht vollständig unterbunden wird. Zudem sollte auch der Schlagregenschutz verbessert werden, beispielsweise durch das Anbringen oder Verlängern eines Dachüberstandes, bei Klinkerfassaden auch durch Hydrophobierung der Klinker.
 
Schematische Darstellung der Wärmebrückenproblematik (Werte übernommen von Krus et al.) durch eine Wärmebrücke und Verhinderung durch den Einsatz von Dämmkeilen. Foto: Arnold Drewer
 
… begünstigt durch Hohlräume zwischen Wand und Dämmstoff
Weiterhin führen Hohlräume zwischen Wand und Dämmung zu Feuchtenestern und somit Schimmel. Diese begünstigen die Luftkonvektion aus dem Wohnraum und können verhindert werden durch eine fugenfreie Anbringung des Dämmstoffes an der Außenwand. Dies gilt für alle Dämmstoffe. Unproblematisch sind dabei lose oder Mattendämmstoffe, die sich an Unebenheiten der Wände anpassen und somit fugenfrei an-/aufgebracht werden können. Sorgfältig müssen Plattendämmstoffe verarbeitet werden. Der Kleber muss vollflächig und lückenlos mit dem Zahnspachtel auf der Dämmplatte verteilt werden, um Hohlräume zu vermeiden.
 
… aufgrund einer mangelhaften Ausführung der Dämmung
Durch eine mangelhaft durchgeführte, nachträgliche Innendämmung kann es jedoch nicht nur zwischen Wand und Dämmstoff zu Feuchtigkeitsproblemen kommen. Kalte Außenwände können im Altbau auch dann problematisch werden, wenn die Innenwände bzw. Decke nicht thermisch von den Außenwänden getrennt sind. An angrenzenden Bereichen kann es zu einer Absenkung der Temperatur auf etwa 10°C kommen, wodurch der Taupunkt unterschritten wird (Krus, Sedlbauer, Künzel [2005]): Innendämmung aus bauphysikalischer Sicht (Fraunhofer IRB Verlag). An diesen Schnittpunkten kondensiert folglich die Luftfeuchtigkeit aus der Raumluft und die entstandenen Feuchtenester können zu Schimmelpilzwachstum führen. Um dies zu vermeiden, sollten Dämmstoffkeile an den Grenzbereichen zwischen gedämmter Außenwand und ungedämmter Innenwand angebracht werden. Dadurch sinkt die Temperatur der Grenzbereiche weniger stark und bleibt oberhalb des Taupunktes (siehe Abbildung). Auch Tür- und Fensterlaibungen sollten aus diesem Grund gedämmt werden.
 
Wärmebrücke an Fensterlaibung mit Schimmel (links); Aufbringen von Calciumsilikatplatten (rechts). Foto: Arnold Drewer
 
Raumverlust
Abgesehen von Bauschäden, die auch durch falsche Planung oder Ausführung begründet sind, gibt es bei Innendämmungen ein weiteres großes Problem: Das Aufbringen von Dämmstoffen führt zu einer Verkleinerung des Raumes. Grob geschätzt kommt es zu einem Raumverlust von 1 m2 pro 10 m2 Wohnfläche. Soll richtig gedämmt werden, ist ein Raumverlust nicht vermeidbar. Jedoch führen Bedenken und lückenhafte Kenntnisse über die Auswirkungen der Dämmstoffauswahl auf die genannten Feuchtigkeitsprobleme dazu, dass vor allem Produkte für die Innendämmung beworben werden, die einen mäßig bis schlechten Dämmwert haben. Da eine Innendämmung jedoch möglichst dünn erfolgen soll, wird schnell zu schlecht gedämmt. Daher sollte bei einer Innendämmung tendenziell immer auf Dämmstoffe zurückgegriffen werden, die aufgrund einer geringen Wärmeleitfähigkeit platzsparend aufgebracht werden können. Dies gilt insbesondere auch für Calciumsilikatplatten, die gerne als perfekte Innendämmplatten beschrieben werden. Diese Platten sind sehr gut wirksame Anti-Schimmel-Platten, haben jedoch einen relativ schlechten Dämmwert (Lambda-Wert 0,062 W/m²K oder schlechter). Sie müssten daher besonders dick aufgebracht werden. Dies in Verbindung mit einem sehr hohen Preis, macht sie als Bestandteil eines Innendämm-Systems nicht empfehlenswert. Sie können allerdings die Innendämmung (auf der Wandfläche) in die Fensterlaibung hinein verlängern (da dort aus Platzgründen nur wenig Dämmung aufgebracht werden kann). Auch diese Platten müssen auf der Rückseite vollflächig verspachtelt werden, man sollte „im System“ bleiben und den dazugehörigen Kleber verwenden. Auch bei der Innendämmung gilt der Grundsatz „wenn schon – denn schon“. Eine Innendämmung mit einer Dicke von z.B. 2 cm ist gut gemeint, hat aber eine sehr geringe Dämmwirkung. 
 
Dämmdicken verschiedener Dämmstoffe beispielhaft dargestellt für die Dämmung einer Außenwand mit einem Ausgangs-U-Wert = 1,4 W m-2K-1 und einem Ziel-U-Wert = 0,35 W m-2 K-1. Foto: Arnold Drewer
 
Was bei der Planung & Durchführung berücksichtigt werden muss
  • Prüfung des Untergrundes (Tragfähigkeit, Saugfähigkeit, Frostbeständigkeit, ggf. vorhandene Feuchte und Salzbelastung)
  • Feuchtschutznachweis mittels hygrothermischer Simulation (insbesondere für feuchte, selten beheizte Räume)
  • Luftdichte Ausführung (ohne Hohlräume)
  • Weiche Dämmstoffe (lose Materialien, Mattendämmstoffe) passen sich besser an eventuelle Wandunebenheiten an als Platten
  • Kapillare Dämmstoffe sind zu bevorzugen
  • Bei Bedarf nur moderate Dampfbremsen (sd = 2 m) verwenden
  • Ggf. zusätzliche Regenschutzmaßnahmen
  • Dämmstoffe mit hoher Dämmwirkung verringert den Raumverlust
Wurden alle Aspekte in der Planung berücksichtigt, ist eine Innendämmung mehr als nur „die letzte Möglichkeit“ und birgt einige Vorteile. Die Anbringung ist bequem und meist kostengünstig, da beispielsweise keine Gerüste erforderlich werden. Innendämm-Systeme können auch raumweise aufgebracht werden, eine komplette Dämmung der gesamten Fassade ist nicht erforderlich. Zudem hat eine Innendämmung energetische Vorteile bei Räumen, die nur sporadisch genutzt und beheizt werden. Der Raum heizt schnell auf, da die massiven Außenwände nicht mit erwärmt werden müssen. Bei einer sorgfältigen Planung und Durchführung können Bauschäden durch Feuchtigkeitsprobleme ausgeschlossen und auch der Raumverlust in Grenzen gehalten werden. Sollten Kern- und Außendämmung nicht möglich sein, bietet die Innendämmung eine gute Möglichkeit einer alternativen energetischen Sanierung.
Arnold Drewer
 
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