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25. Februar 2022
Redaktion

Ein Stück Sicherheit

Dübel sind wichtige Systembestandteile zur standsicheren Befestigung von Wärmedämm-Verbundsystemen (WDVS). Sie sind dafür vorgesehen, die auf das WDVS wirkenden Windlasten in den Untergrund abzutragen und können zusätzlich die Abtragung des Eigengewichts eines WDVS in den Untergrund unterstützen. Der Beitrag gibt einen Überblick und Praxishinweise.

 

Foto: Bernd Ducke

Den Einsatz von Dübeln in Wärmedämm-Verbundsystemen unterliegt verschiedenen rechtlichen Bestimmungen. Eine Europäische Technische Bewertung (European Technical Assessment, ETA) dient bei WDVS-Dübeln als Nachweis der Anwendbarkeit. Sie enthält Leistungsmerkmale, wie zum Beispiel Ausziehwiderstand, Tellersteifigkeit, Tellertragfähigkeit und die Wärmeleitfähigkeit, die relevant zur Auswahl des richtigen Dübels und für die Bestimmung der notwendigen Dübelanzahl sind. Eine Dübel-ETA bildet die Voraussetzung, um das Produkt mit dem CE-Kenn-zeichen zu versehen. Es bestätigt, dass das gelieferte Produkt die angegebenen Leistungen tatsächlich aufweist und dass diese aufgrund einheitlicher Prüfverfahren ermittelt wurden. Die Hersteller von CE-gekennzeichneten Dübeln erstellen zudem eine Leistungserklärung, in der die Leistungsmerkmale aufgeführt werden.

 
 

Warum dübeln?  

Es wird unterschieden zwischen rein geklebten WDVS und WDVS, die geklebt und gedübelt sind. Bei rein geklebten WDV-Systemen trägt die Verklebung die Windlasten und das Eigengewicht des WDVS in den Untergrund ab. Auch hier können Dübel verwendet werden. Diese Dübel sind jedoch nicht für den Abtrag von Windlasten vorgesehen und sind als Zusatzmaßnahme zum Beispiel zur Lagesicherung bis zum Aushärten des Klebers zu verstehen. Bei geklebten und gedübelten Systemen werden die Dämmstoffplatten zunächst auf die Fas-sade geklebt und müssen (!) anschließend gedübelt werden. Der Kleber sorgt für den Abtrag des Eigengewichts und die Dübel sind für den Abtrag der Windlasten vorgesehen.{pborder}
 
Über die baurechtlichen und systembedingten Anforderungen hinaus bietet die Verwendung von Dübeln bei der Fassadendämmung mit WDVS an Bestandsbauten den Vorteil, dass der Untergrund – in der Regel Altputzflächen – keine aufwändige Vorbehandlung benötigt. Es genügt, abblätternde Farbreste und losen Putz zu entfernen sowie grobe Schadstellen zu überspachteln. Lediglich stark saugende oder kreidende Beschichtungen sind mit einer Grundierung vorzubehandeln. So wird der Altputz nicht durchfeuchtet und kann ohne Abtrocknen mit dem WDVS versehen werden.
 

Standsicherheit wird einzeln nachgewiesen 

Bauaufsichtlich zugelassene WDV-Systeme haben den Nachweis erbracht, dass sie den an der Fassade auftretenden Belastungen grundsätzlich standhalten. Vor allem der Wind ist jedoch eine sehr variable Größe. An der Küste weht er in der Regel stärker als auf dem flachen Land. Zudem sind die Windlasten nicht gleichmäßig über die Fassadenfläche verteilt. Die Standsicherheit eines WDVS gegenüber Windsogbelastungen muss somit einzeln für jedes Bauprojekt nachgewiesen werden. Diese planerische Aufgabe muss im Leistungsverzeichnis berücksichtigt sein.
 
Bei einem geklebten und gedübelten WDVS muss gezeigt werden, dass bei den zu erwartenden Windeinwirkungen das WDVS einen ausreichenden Widerstand gegen Windlasten aufweist und dass der Widerstand des Dübels gegen Auszug aus dem Untergrund größer als die einwirkende Windlast ist. Beide Positionen sind Bestandteil des Nachweises zur Standsicherheit. Die entsprechenden Berechnungsformeln sind im neuen VDPM-Merkblatt „Dübel in WDVS – Hinweise zur Planung und Ausführung“ erläutert.
 
Für die Ermittlung der Windlasten sind drei Kriterien, bezogen auf das Gebäude, entscheidend:
  • die Region bzw. Windzone – Deutschland ist geografisch aufgeteilt in 4 Windzonen;
  • die Geländekategorie – es gibt vier, von ländlich-offen bis zu innerstädtisch-dicht bebaut;
  • die Form und Abmessungen des Gebäudes mit Gebäudehöhe und Gebäudelängs- und -querseiten.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein vereinfachtes Verfahren zur Bestimmung der Windsoglast angewendet werden – hierzu bieten die Mitgliedsunternehmen des VDPM entsprechende Unterstützung.
 

Auszugswiderstand von Dübeln  

Eine wichtige Kenngröße im Zusammenhang mit der Standsicherheit ist der Widerstand des Dübels gegen Ausziehen aus dem Untergrund. Zum Nachweis eines ausreichenden Auszugswiderstands im Untergrund wird in Deutschland eine vereinfachte Vorgehensweise angewendet. Hierzu werden Dübel hinsichtlich ihrer Dübellastklasse (zul. NR, Dübel) klassifiziert. Die Formel hierzu erläutert das VDPM-Merkblatt Dübel. Die Leistungserklärung des Dübels gibt an, wie hoch in ausgewählten Untergründen der Ausziehwiderstand ist. Diese Untergründe werden in sogenannte Nutzungskategorien eingeteilt. Es gibt die folgenden fünf Nutzungskategorien:
  • Nutzungskategorie A = Normalbeton
  • Nutzungskategorie B = Vollsteine
  • Nutzungskategorie C = Lochsteine
  • Nutzungskategorie D = Haufwerksporiger Leichtbeton
  • Nutzungskategorie E = Porenbeton
 
Die Leistungserklärung eines Dübels deckt natürlich nicht alle möglichen Untergründe ab und vor allem bei älteren Bestandsbauten ist die genaue Bestimmung des vorhandenen Untergrunds oft gar nicht möglich. In diesem Fall müssen Dübelauszugsversuche vor Ort durchgeführt werden. Dabei muss man jedoch beachten, dass der vorgesehene Dübel für die jeweilige Nutzungskategorie qualifiziert sein muss. Ist in der Leistungserklärung für mindestens einen exemplarischen Untergrund einer Nutzungskategorie ein Auszugswiderstand erklärt, ist der Dübel für diese Nutzungskategorie verwendbar. Auf der sicheren Seite liegt der Anwender mit Dübeln, die für alle Untergrundkategorien qualifiziert sind. Qualifizierte Dübellieferanten, WDV-System-anbieter und Sachverständige verfügen über das erforderliche Fachwissen und die Prüfausrüstung, um Dübel am Bauwerk zu prüfen, deren Auszugswiderstand zu ermitteln und zu dokumentieren. WDVS-Hersteller bieten dem Fachunternehmer diese Dienstleistung oft mit an oder empfehlen kompetente Ansprechpartner, z. B. im VDPM organisierte Dübelhersteller oder Sachverständige.
 

Widerstand des WDVS 

Wie sieht es mit der Tragfähigkeit des Dübels im Dämmstoff des WDVS aus? Auch diese Kenngröße ist für den Standsicherheitsnachweis wichtig. In Deutschland dominieren zwei Verfahren zur Bestimmung der erforderlichen  Dübelzahl für die Systemtragfähigkeit:
  • Berechnung der Dübelanzahl mit Hilfe der WDVS-Lastklasse
  • Nutzung von Traglasttabellen
In Abhängigkeit von Dämmstoffdicke und Dübeltellerdurchmesser werden für unterschiedliche Dämmstofftypen und -dicken verschiedene WDVS-Lastklassen angegeben. Die WDVS-Lastklasse ist für die jeweilige Dämmstoff-Dübel-Kombination nachgewiesen. Die WDVS-Lastklasse ist üblicherweise anwendbar für Dübel mit einem Tellerdurchmesser ≥ 60 mm, einer Teller-steifigkeit ≥ 0,3 kN/mm und einer Tellertragfähigkeit ≥ 1,0 kN. Diese drei Merkmale sind in den Leistungserklärungen der jeweiligen WDVS-Dübel zu finden. 
 
Analog zum Dübelauszug (Dübellastklasse) kann daher in Deutschland die erforderliche Dübelanzahl pro m² anhand der WDVS-Lastklasse ermittelt werden. Auch hier gilt, dass die Windlast kleiner oder gleich der jeweiligen Lastklasse, multipliziert mit der Anzahl der Dübel des WDVS, sein muss. Ein Berechnungsbeispiel ist im VDPM-Merkblatt Dübel erläutert. Bei den WDVS-Lastklassen handelt es sich um gemittelte Werte der Flächen- und Fugentragfähigkeiten eines Dübels im Dämmstoff. Daher ist bei der Verwendung von WDVS-Lastklassen die Anordnung der Dübel als reiner Flächendübel oder als Flächen- und Fugendübel frei wählbar.
 
Um die erforderliche Dübelanzahl zu ermitteln, können alternativ sogenannte Traglasttabellen verwendet werden. Diese finden sich in den Anlagen der für WDVS relevanten technischen Dokumente. Sie sind individuell in Bezug auf die Dämmstoffart, ggf. die Dämmplattendicke, den Dübeltellerdurchmesser sowie das Dübelbild (Setzposition Fläche/Fuge) und geben die zulässige Tragfähigkeit des Gesamtsys-tems pro m² an. Bei der Anwendung der Traglasttabellen müssen die angegebenen Dübelbilder unbedingt eingehalten werden. Nur so kann die optimale Tragfähigkeit ausgenutzt werden.
 
Gebäudeform mit prinzipiellen Höhen- und Randbereichen sowie daraus resultierenden Winddruck- und Sogbereichen in Anlehnung an DIN EN 1991-1-4/NA:2010-12 (nicht maßstabsgetreu)
 

Ausführung der Verdübelung 

Voraussetzung für eine fachgerechte Verdübelung sind folgende Punkte: die Beurteilung des Untergrunds, die Dübelauswahl, das Bestimmen der Dübellänge, das Fest-legen der erforderlichen Dübelanzahl sowie das Auswählen des Bohrverfahrens
 

Untergrundbeurteilung und Dübelauswahl 

Der Verankerungsuntergrund muss bezüglich seiner Nutzungskategorie, in der Regel bezüglich seiner Dichte, Druckfestigkeit und bei Hochlochziegeln bezüglich seiner Außenstegdicke eingeordnet werden. Infrage kommende Dübel müssen für die jeweilige Nutzungskategorie als geeignet eingestuft sein. Wichtig sind hierzu auch die oben im Artikel genannten Ausführungen zum Auszugswiderstand des Dübels aus dem Untergrund. 
 
 

Bestimmen der Dübellänge 

Dübel werden meist in 20-mm-Abstufungen angeboten. Für die korrekte Bestimmung der erforderlichen Dübellänge sind die effektive Verankerungstiefe, ein zusätzlicher Toleranzausgleich und die Dämmstoffdicke zu berücksichtigen. Der Toleranzausgleich setzt sich zusammen aus:
  • Nichttragenden Schichten (Altputz, HWL-Platten, Sparverblendern o. ä.)
  • Dicke der Kleberschicht nach dem Andrücken des Dämmstoffs (ca. 5 mm bis 20 mm)
  • Schichtdicke der Armierungslage bei der Verdübelung durch das Armierungsgewebe
Die nominelle Verankerungstiefe ist der ETA des jeweiligen Dübels zu entnehmen.
 

Festlegen der erforderlichen Dübelanzahl 

Hier gibt es keine Standardvorgaben, die Dübelanzahl wird stets objektbezogen festgelegt – abhängig von der Form, den Abmessungen und der Lage des Gebäudes. Als Grundprinzip kann gelten: Je größer die auftretende Windlast, desto höher ist auch die erforderliche Dübelanzahl. Zu beachten sind außerdem die vom Systemhersteller festgelegten Verarbeitungsvorschriften. Dieser Dokumentation lassen sich auch die genauen Dübelanordnungen bezogen auf die jeweiligen Dämmplattenformate des Systemanbieters entnehmen.
 

Auswählen des Bohrverfahrens

Bei Untergründen der Nutzungskategorien A (Normalbeton), B (Vollsteine) und D (Haufwerksporiger Leichtbeton) werden die Bohrlöcher in der Regel mit Schlag erstellt, bei den anderen Kategorien C (Lochsteine) und E (Porenbeton) üblicherweise im Drehgang. Das Bohrloch muss mindestens 10 mm tiefer sein als die Verankerungstiefe des Dübels. Maßgebend sind jeweils die Verarbeitungshinweise des Dübelherstellers. Bei Vollbaustoffen sollte man das Bohrmehl durch mehrmaliges „Lüften“ des Bohrers aus dem Bohrloch entfernen. Verschlissene Bohrer sind rechtzeitig auszutauschen, um Probleme bei der Dübelmontage zu vermeiden.
 
Autoreninfo: Die Autoren sind Mitglieder der Projektgruppe Dübel im VDPM Arbeitskreis Fassadendämm-systeme und haben das neue Merkblatt „Dübel in WDVS“ erstellt.
 
 

Info-Merkblatt: Alles zum Thema Dübel in WDVS

Der Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel e.V. (VDPM) hat im März 2020 ein neues Merkblatt »Dübel in Wärmedämm-Verbundsystemen – Hinweise zur Planung und Ausführung« veröffentlicht. Entwickelt wurde die Fachinformation in der Projektgruppe Dübel (Leiter: Dr. Falk Rosenkranz) im Arbeitskreis Fassadendämmsysteme des VDPM. Das Merkblatt liefert grundsätzliche Informationen über die Funktionen von Dübeln in WDVS, erklärt die wichtigsten Planungsschritte und Ausführungsdetails. Schwerpunkt des Planungsteils ist das Thema Standsicherheit mit Stichworten wie Windsogbeanspruchung, Widerstand des WDVS sowie Berechnung und Festlegung der Dübelanzahl. Zusätzlich wird auf die Themen Gebrauchstauglichkeit und Wärmedurchgang eingegangen. Der Praxisteil zeigt, wie die erforderliche Dübellänge und die Mindestbohrlochtiefe ermittelt werden. Detaillierte farbige Schnittzeichnungen illustrieren die jeweilige Vorgehensweise anhand von Beispielen. Im Anhang liefern die Autoren zusätzlich noch ein komplettes Praxisbeispiel zur Dübelmengenbestimmung an einer fiktiven WDVS-Fassade.
 
Das Merkblatt »Dübel in WDVS – Hinweise zur Planung und Ausführung« steht unter www.vdpm.info zum kostenlosen Download bereit und kann als Printausgabe unter info@vdpm.info bestellt werden.

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