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17. April 2020
Redaktion

Die Stimmung ist trotz Corona gut, beginnt aber zu kippen

Der SAF informiert Mitgliedsunternehmen in Webinaren zum Thema Arbeitsrecht und Corona. Der neue Rechtsexperte des SAF, Rainer Fuchs, erklärt im Gespräch mit ausbau + fassade wie das erste Webinar lief und wie die Stimmung unter Baden-Württembergs Stuckateuren in Zeiten von Corona ist. Rainer Fuchs ist über Webinare und Beratung in Kontakt mit Stuckateurbetrieben.


Herr Fuchs, das erste Webinar des SAF war für Sie selbst eine Feuertaufe. Wie ging es Ihnen dabei?
Für mich war das erste Webinar spannend, eine neue Erfahrung. In Seminaren hat man den direkten Kontakt und das direkte Feedback, bei einem Webinar ist das anders, da ist man dabei, aber doch weit weg. Unser Webinar hat mehr als 90 Minuten gedauert, das ist  verhältnismäßig lang, aber die Teilnehmer haben bis zum Ende durchgehalten – das freut mich sehr!

Foto: SAF

Warum haben Sie denn ein Webinar gemacht und nicht nur eine Liste mit Fragen?
Wir haben beides gemacht. Es gibt eine Liste mit häufig gestellten Fragen. Diese wird tagesaktuell erweitert um den extremen Informationsbedarf zu erfüllen. Wir wollten aber mehr machen und eine Plattform für den Austausch schaffen. Die Teilnehmer konnten miteinander chatten. Das war uns wichtig. Die Leute interessieren sich dafür, welche Fragen in anderen Betrieben diskutiert werden. Das hat zu dem großen Interesse geführt, und das war auch das  Gute an diesem Webinar, dass wir diese Fragen zusammenführen konnten. 

{pborder}Was nehmen Sie im Moment an Stimmung auf? Sind die Betriebe noch normal auf den Baustellen?
Die Stimmung ist verhältnismäßig gut, ich hätte sie schlechter erwartet. Ich merke aber auch, dass diese zu kippen beginnt. Die meisten Betriebe haben Bedenken in Bezug auf die Zukunft und überlegen, wie sie mit der gesamten Krise und einer möglichen Rezession zurechtkommen können. Sie rechnen mit Auftragsmangel und überlegen, ob sie möglicherweise Kredite aufnehmen müssen. Die meisten haben noch Aufträge, aber sie merken Stornierungen, weil Bauherren Aufträge verschieben und einen Rückgang bei Neuaufträgen. Viele rechnen ab Mitte April bis Ende Mai mit Kurzarbeit im Betrieb.

Foto: SAF

Was haben die Stuckateurbetriebe von den bislang aufgelegten Programmen? 
Die Programme sind gut aufgesetzt und die schnelle Reaktion des Staates war sehr gut. Diese Hilfen stehen aber bei unseren Betrieben nicht im Vordergrund. Man interessiert sich eher für die Erhaltung der Liquidität durch Stundungen von Einkommens-, Gewerbe- und Umsatzsteuer. Die Kreditprogramme über die KfW müssen unsere Betriebe in der Regel nicht in Anspruch nehmen. Unsere Betriebe arbeiten ja noch, ihre Probleme sind rückläufige Investitionen und die Angst der Bauherren. In den nächsten Monaten werden wahrscheinlich viele Aufträge zurückgestellt. Themen wie Wärmedämmung, die wichtig waren, werden aktuell nach hinten geschoben. Es wäre besser, wenn man einen Teil der Hilfsprogramme so aufstellt, dass  stärker investiert, Genehmigungsverfahren beschleunigt, freie Vergaben und beschränkte Ausschreibungen gemacht werden, um die lokalen Handwerksbetriebe zu fördern. Der Staat muss die Investitionsquote erhöhen, um das entstehende Auftragsloch zu füllen und das Vertrauen wieder herzustellen. Das würde helfen und würde Arbeitsplätze und Existenzen in der Branche sichern.

Helfen da die Fristverlängerungen bei der Vergabe, die schon beschlossen sind?
Das ist ein erster Schritt. Wir brauchen aber eine höhere Investitionsquote und nicht nur eine Verlängerung der Fristen. 

Es gab bereits Klagen über schleppendes Zahlungsverhalten der öffentlichen Hand. Spüren Sie das auch?
Bislang nicht, das ist aber genau das, was nicht passieren darf. Die öffentliche Hand muss jetzt beschleunigen, um das Auftragsloch zu füllen. Die größten Ausfälle sehen wir derzeit bei den privaten Bauherren. Da werden bestehende Projekte nicht weitergeführt, weil es viel Unsicherheit gibt. 

Was waren die wichtigsten Fragen in Ihrem ersten Webinar?
Die Frage war häufig, wie sieht es aus mit meinen Mitarbeitern. Wann darf und wann muss ich jemanden freistellen? Muss ich Lohn bezahlen? Was geschieht wenn unser Betrieb konkret von der Corona-Krise betroffen ist? 

Also nicht die Frage nach Kurzarbeit, sondern die Frage was passiert wenn Corona auftritt?
Derzeit ist Kurzarbeit noch kein so großes Thema. Wichtiger ist das korrekte Verhalten, wenn Corona im Betrieb auftritt. Die Betriebe sind verhältnismäßig klein, und daher gibt es eine größere Bindung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern als beispielsweise in einem Großkonzern.

Foto: SAFHaben Sie als Jurist den Eindruck, dass wichtige Fragen übersehen werden, auf die Sie gesondert hinweisen?
Wir sehen das Thema, dass die Leute zu schnell Kurzarbeitergeld beantragen. Viele möchten Überstunden abbauen, die eigentlich für saisonale Kurzarbeit im Winter gedacht ist. Da greifen wir beratend ein und raten zur Vorsicht. Diese Überstunden müssen im Zweifel nur dann abgebaut werden, wenn das von beiden Seiten gewünscht ist. Wenn die Betriebe vorschnell Überstunden auflösen, haben sie im Winter das Problem, dass keine Überstunden mehr da sind. Das führt auch zu einem starken Liquiditätsabfluss, der aktuell gar nicht erforderlich ist.

Wie gehen Sie mit der Informationsvielfalt um?
Eine meiner Aufgaben ist es, diese Informationen aufzuarbeiten, das Wesentliche herauszufiltern und für unsere Mitglieder verwertbar zu machen. Für unser Stuckateurhandwerk stellen sich manche Fragen anders, das kann man nicht mit Friseuren oder Gaststätten vergleichen, da sind andere Dinge zu beachten und zu verknüpfen. 

Lassen sich entscheidende Fragen im Moment rechtssicher beantworten oder ist da noch Vieles im Fluss?
Es haben sich bereits eindeutige Sichtweisen herauskristallisiert. Eine Bestätigung ist aber schwierig, da auch die Gerichte im Shutdown sind und überwiegend nur Haftsachen bearbeitet werden. Die Kunst ist es jetzt, laufend alle Meinungen und Rechtsansichten zu sammeln und zu analysieren.  Diese vergleichen wir tagesaktuell mit der bisherigen Rechtsprechung, um so die größtmögliche Rechtssicherheit für unsere Mitglieder zu erreichen.

Pia Grund-Ludwig

 

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