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4. Mai 2017
Redaktion

Das sonnige Gelb ist gut fürs Gemüt

Farben und ihre Charakteristik – eine Fortsetzungsgeschichte. Folge 2: Gelb – beliebt und geliebt als Farbe der guten Laune.
Gelb ist die hellste Farbe unter den Bunttönen, die Farbe mit der größten Strahlkraft und zugleich die unruhigste Farbe. In aufgehellter, pastelliger Form von Sand bis Vanille reichend ist es vermutlich die Farbe mit der größten allgemeinen Akzeptanz. Aber: Auch für Gelb gilt, dass es nicht das eine Gelb gibt.
Sonnenaufgang:
Foto: Jahn

In der Natur erscheint uns die Sonne eher als blendendes, gleißendes Licht und nur selten in gelber Farbe. Trotzdem ist für die meisten Menschen vermutlich die Sonne die erste Assoziation, die sie bei der Farbe Gelb haben. Kinder malen die Sonne meist in einem angenehmen Gelbton mit wärmenden Strahlen und manchmal mit einem lachenden Gesicht.

Reizende Eigenschaften

Goethe war es, der als erster Farben auch gewisse Stimmungen, Charaktere und Wirkungen zugeordnet hat. Er sagte über Gelb: »Es ist die nächste Farbe am Licht. Sie führt in ihrer höchsten Reinheit immer die Natur des Hellen mit sich und besitzt eine heitere, muntere, sanft reizende Eigenschaft. So ist es der Erfahrung gemäß, dass das Gelbe einen durchaus warmen und behaglichen Eindruck mache.«

Seine damalige Einschätzung deckt sich also völlig mit unserem heutigen Empfinden. Doch welcher der zahllosen unterschiedlichen Gelbtöne passt jetzt genau zu diesem Empfinden? Vermutlich trifft es das goldige Gelb der Sonnenblume am besten.

Aber es gibt auch eine  »andere Seite« von Gelb. Hat es beispielsweise einen leichten Grünstich oder geht es ins Bräunliche, so denkt man eher an Gift, Galle, Eiter und Schwefel, alles eher ­negativ besetzte Begriffe.

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Eine Frage der Reinheit

Für die Gestaltung stellt sich wieder, wie bei allen Farben, die Frage nach der Reinheit des Tones, von dem auch die Anwendung abhängt. Gelb kommt meist nicht als Vollton, sondern in einer Aufhellung mit Weiß zum Einsatz. Während das ­dynamische, kraftvolle Rot durch Zugabe von Weiß – je nach Menge – zum süß­lichen Rosa mutiert, verliert ein sonniges Goldgelb durch ­Mischung mit Weiß zwar an Intensität, nicht aber seine heitere, warme, sehr angenehme Ausstrahlung. Das ermöglicht auch die Verwendung auf größeren Flächen,  ein »Zuviel« scheint hier fast unmöglich zu sein.

Ein kräftiges Gelb sollte dagegen nur als Akzent auf kleineren Flächen vorkommen. Als Bodenbelag haben Gelbtöne eher wenig Bedeutung. Denkbar wäre aber zum Beispiel ein Fliesenbelag in (vergrautem) Ockergelb oder auch ein Teppich in sanftem Vanille.

 

Lebensfreude – aber auch Neid

Die heitere, lebendige, anregende Anmutung von Gelb macht offen für Neues, für Intuition, Ideen und Kommunikation. Deshalb eignet es sich für Räume, in denen geistige Arbeit und Kreativität ­gefragt sind. Für Büros und Klassenzimmer wäre es beispielsweise eine gute Wahl. Durch seine behagliche Seite wird es aber natürlich auch gerne für die ­Gestaltung von Wohnräumen verwendet.

Ein sonniges Gelb hat unsere Sympathie, denn es ist die Gute-Laune-Farbe schlechthin. Es vermittelt Lebensfreude und Optimismus. Wenn jemand ein »sonniges Gemüt« hat, ist er ein positiver Mensch. Wir lieben goldgelben Wein im Glas und den Anblick eines reifen ­Getreidefeldes. Goldverzierte Stuckaturen in Kirchen oder Schlössern beeindrucken uns durch ihre prachtvolle Ausstrahlung.

Verkehren sich Leichtigkeit in Leichtsinn und Beweglichkeit in Unruhe, so treten die unsympathischen ­Eigenschaften von Gelb zu Tage. Ein grünstichiges Gelb weckt Assoziationen mit Gift, Galle, Eiter und Schwefel. Im Volksmund gilt Gelb auch als die Farbe von Neid und Eifersucht. Warnschilder für beispielsweise Hochspannung, Gefahrstoffe oder Strahlung sind in der Regel gelb mit schwarzer Schrift. Ein starker Hell-Dunkel-Kontrast, der Aufmerksamkeit erzeugt.

Farbe in der Sprache – Redewendungen

  •  das Gelbe vom Ei = etwas Gutes
  •  das Gelbe Trikot = wird im Sport vom Führenden in einer Wettkampfserie getragen (Tour de France)
  •  »…Safran macht den Kuchen gel (gelb)« = Textzeile aus dem alten Kinderlied »Backe, backe Kuchen…«
  •  die Gelbe Karte = Verwarnung eines Fußballspielers
  •  Gelbe Warnschilder
  •  Gelbe Warnlichter
  •  Gelb werden vor Neid

Die Leichtigkeit und Beweglichkeit von Gelb findet ihren Gegenpol in der Ruhe, Besonnenheit und Konzentration von Blau. Kandinsky deutet Blau als konzentrische ­Bewegung. Mit der Farbe Blau ­befasst sich die nächste Folge dieser Serie.

Annette Jahn, Diplom-Gestalterin für Farbe und Raum (SAF)

Ausgabe 05 / 2017

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