Bewertung der „optischen Qualität“ von Putz ist schwierig
1. wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst
Grenzwerte der DIN 18202 sind unternehmerfreundlich
Diese Qualität entspricht aber nicht derjenigen, die mit einer viel häufigeren Wahrscheinlichkeit erreicht wird, also der üblichen Leistung, nämlich die der Schulnoten 2 bis 4. Zudem muss man an dieser Stelle ausführen, dass die Grenzwerte der DIN 18202 äußerst „unternehmerfreundlich“ sind. Überprüfungen im eigenen Betrieb haben gezeigt, dass die in der Regel erbrachte Qualität bei Ebenheit und Winkligkeit deutlich besser war, als dies bei den Grenzwerten der DIN 18202 der Fall ist. Die Qualität der üblichen, zu erwartenden Leistung liegt bei dieser Kurve vielmehr im „Mittelfeld“ (grüne Pfeile als mittlere Werte dieses Mittelfeldes), also etwa bei der Schulnote 3. Die Grenzwerte der DIN 18202 im Hinblick auf die Ebenheit von Putz- oder Trockenbauoberflächen sind somit nicht dafür geeignet, Maßstäbe für die optische Qualität von üblichen oder aber gar für höherwertigere Leistungen zu liefern. Die Ebenheits- oder Winkelabweichungen von Putz- oder Trockenbauleistungen üblicher Art und Güte sind von daher in einem Bereich anzusetzen, der besser ist als die in der DIN 18202 dargestellten Grenzwerte. Achtung: Diese Argumentation resultiert aus eigenen Erfahrungen im Zusammenhang mit juristischen Auslegungen der vertraglich zu erbringenden Qualität. Aus handwerklicher Sicht könnte man natürlich auch so argumentieren, dass die übliche, zu erwartende Qualität die gesamte Bandbreite der zuvor dargestellten Glockenkurve umfasst und somit eine Leistung, die nach Schulnoten bewertet eine 4- erreicht, eben auch noch der üblichen, zu erwartenden Qualität entspricht.
Putzarbeiten sind seit 2005 europäisch geregelt
Putzarbeiten werden seit 2005 europäisch geregelt, das heißt seit diesem Zeitpunkt existiert eine europäische Norm für Innenputzarbeiten, die DIN EN 13914-2 – Planung, Zubereitung und Ausführung von Innenputzen. In dieser Norm werden in der Tabelle 1 Werte dargestellt, mit denen man die Ebenheit von Innenputzen klassifizieren kann. In den dort aufgeführten Klassen 0, 1, 2, 3, 4a und 5a entspricht die Klasse 3 etwa den Mindestanforderungen der DIN 18202, die Klasse 4a den in der DIN 18202 enthaltenen erhöhten Anforderungen und die Klasse 5a einer noch höheren Qualität. Diese Klassen werden im Allgemeinen so angewendet, dass die Klasse 3 bei Putzarbeiten ohne größere Anforderungen, die Klasse 4a bei Putzarbeiten mit erhöhten Anforderungen und die Klasse 5 bei erwarteter sehr guter Leistung vereinbart werden kann. Die zulässige Ebenheitsabweichung in der Klasse 5a beträgt bei einem Messpunktabstand von 2 m gerade noch 2 mm. Das ist deutlich besser als der in der DIN 18202 benannte Grenzwert für Ebenheitsabweichungen bei erhöhten Anforderungen (Tabelle 3, Zeile 7), der bei einem Messpunktabstand von 2 m eine Abweichung von immer noch 5 mm zulässt. Es gilt daher, sich vor der Ausführung Gedanken darüber zu machen, welche Abweichungen der Winkligkeit und der Ebenheit für die jeweils gestellte Bauaufgabe als angemessen beziehungsweise für erforderlich gehalten werden und diese auch vertraglich zu vereinbaren. Andererseits muss der Auftragnehmer Bedenken anmelden, wenn aufgrund der im Leistungsverzeichnis beziehungsweise den Vertragsunterlagen genannten technischen Rahmenbedingungen eine Erfüllung der erwarteten Anforderungen nicht möglich oder zumindest gefährdet ist. Das geschieht dann in der Regel in Form eines Nachtragsangebotes. Als weiterer entscheidender Faktor für die optische Qualität von Putzen oder Trockenbau ist die Oberfläche selbst zu benennen. Ein Innenputz, der lediglich eine gute Ebenheit aufweist, jedoch in seiner Oberfläche zum Beispiel nicht genügend geglättet wurde, wird immer unruhig wirken und suggerieren, dass er eine mindere Qualität aufweist. Dies ist im Gegensatz hierzu auch der Fall, wenn ein Innenputz eine hervorragende Oberfläche, dafür aber eine schlechte Ebenheit aufweist. Auch dieser Innenputz wird schlecht bewertet, da er trotz sehr guter Oberfläche einen unebenen („unruhigen“) Verlauf hat. Man kann das sehr gut mit der allseits bekannten Minigolf-Bahn mit den zwei Wellen vergleichen – sehr gute Oberfläche bei sehr schlechter Ebenheit. Die Qualität von Oberflächen bei Innenputzen wird in der deutschen Ergänzungsnorm DIN 18550-2, Planung, Zubereitung und Ausführung von Innen- und Außenputzen-Teil 2: Ergänzende Festlegungen zu DIN EN 13914-2 für Innenputze, klassifiziert. In dieser Norm werden im normativen Anhang C Qualitätsstufen für Oberflächen bei Innenputzen festgelegt. Bei diesen Qualitätsstufen, genannt Q1 (ohne besondere Anforderungen), Q2 (Standardanforderungen) Q3 (erhöhte Anforderungen) und Q4 (sehr hohe Anforderungen) wird jeweils dargestellt, für welche weitere Oberflächenbehandlung diese Oberflächen geeignet sind. Bei der Qualitätsstufe Q2 (Standardanforderung) wird ausgeführt, dass diese für den Auftrag weiterer Oberputze mit einer Körnung größer 1,0 mm, für die Beschichtung mit mittel- bis grobstrukturierten Wandbekleidungen (zum Beispiel Raufaser) oder aber für den Auftrag von matten, gefüllten Anstrichen (zum Beispiel quarzgefüllte Dispersionsbeschichtung), die mit langhaarigem Farbroller oder mit Strukturroller aufgetragen werden. Bei der Qualitätsstufe Q3 wird im Hinblick auf eine Beschichtung mit Farbe dargestellt, dass diese Oberfläche für den Auftrag von matten, fein strukturierten Anstrichen/Beschichtungen geeignet ist. Bei der Qualitätsstufe Q4 wird im Hinblick auf eine Beschichtung mit Farbe dargestellt, dass diese Oberfläche für den Auftrag von Lasuren oder Anstrichen/Beschichtungen bis zum mittleren Glanz geeignet ist. Das allseits bekannte Merkblatt für Qualitätsstufen im Trockenbau besagt dem Grunde nach genau dasselbe, was selbstverständlich im Hinblick auf die weitere Bearbeitung der Oberflächen auch gewünscht ist. Diese Regelwerke sind inzwischen fast jedem Praktiker bekannt, werden aber leider oft erst im Streitfall herangezogen. Die Qualität einer Putz- oder Trockenbaufläche im Hinblick auf Ebenheit und Oberflächenqualität ist von daher entscheidend davon abhängig, welche Anforderungen an den Ausführenden weitergegeben werden. Diese Anforderungen müssen eindeutige Aussagen zu der geforderten Ebenheit wie auch zu der erwartenden Qualitätsstufe der Oberfläche enthalten, die sich selbstverständlich an der gewünschten Qualität des Ergebnisses orientieren müssen.
Der Unternehmer muss wissen, welche Leistung erwartet wird.
Will man daher einen Innenputz herstellen, der höheren Anforderungen genügt und lediglich mit einer matten Farbbeschichtung versehen werden soll genügt es nicht, mit Standardanforderungen an die Ebenheit oder gar einer Qualitätsstufe Q2 zu arbeiten. Hier sind vielmehr mindestens Anforderungen an die Ebenheit nach der Klasse 4a oder sogar 5a der zuvor genannten europäischen Norm bzw. eine Qualitätsstufe Q3 oder gar Q4 nach der zuvor genannten deutschen Ergänzungsnorm beziehungsweise dem Trockenbau-Merkblatt anzusetzen.
Der Unternehmer indes ist in der Pflicht, die vertraglichen Grundlagen der von ihm auszuführenden Leistung genauestens zu überprüfen und zu ermitteln, welche Qualität denn letztlich von seinem Auftraggeber erwartet wird. Es ist vor der Ausführung daher genauestens zu überlegen, welche Oberflächenqualität denn zu vereinbaren ist beziehungsweise ob eine in den Vertragsunterlagen benannte Qualität von Q2 oder Q3 überhaupt dafür geeignet ist, das werkvertragliche Soll zu erfüllen. Auch hier sollte viel öfter durch den Unternehmer ein Angebot erfolgen, die Oberflächen in der nächst höheren Qualitätsstufe auszuführen und der Grund hierfür erläutert werden. Vor der Ausführung ist der Unternehmer daher gehalten, seiner fachlichen Hinweispflicht nachzukommen und regelmäßig Bedenken anzumelden, wenn im Hinblick auf die optische Qualität lediglich Anforderungen der Ebenheit beschrieben werden, die aus den Grenzwerten der DIN 18202 stammen. Dies kann dazu führen, dass er in diesem Bereich Mehraufwendungen geltend machen kann. Denn nur mit der Einhaltung der dort beschriebenen Grenzwerte wird das Ergebnis der Arbeiten oft den Erwartungen des Auftraggebers beziehungsweise den Anforderungen des Vertrags nicht entsprechen.
Im Hinblick auf die Qualitätsstufe der Oberfläche ist dem Auftragnehmer anzuraten, häufiger zusätzliche Leistungen in Form einer höheren Qualitätsstufe anzubieten und dies fachlich zu erläutern. Insbesondere bei höherwertigeren Objekten kann die Erwartungshaltung des Auftraggebers oft so interpretiert werden, dass eine Qualitätsstufe Q4 fast schon üblich sein sollte. Der Begriff der üblichen, zu erwartenden Leistung kann ein paar Falltüren enthalten, die es aus Sicht des Fachunternehmers auszuschalten gilt. Fachunternehmer sollten sich genauestens mit dem vertraglichen Soll ihrer Leistungsbeschreibung und der vom Bauherrn erwarteten beziehungsweise der dem Bauobjekt zu unterstellenden Qualität auseinandersetzen. Die vom Fachunternehmer vorauszusetzende Fachkenntnis – auch so ein juristischer Begriff –, also die Fähigkeit, handwerkliche Hinweise zur Erreichung bestimmter Qualitäten zu geben, wird von deutschen Gerichten in den letzten Jahren, so zumindest die eigene Wahrnehmung, immer höher angesiedelt. Es gilt: Je genauer das vertragliche Soll definiert ist, desto einfacher ist es später, dieses zu bewerten.